Baltic Sea Campaign setzt sich für den Erhalt der Ostsee ein
Die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd kehrt gestärkt in die Ostsee zurück. Das Eintreffen der TRITON im Einsatzgebiet markiert den Startschuss der diesjährigen Baltic Sea Campaign. Das knapp 23 Meter lange Schiff ist der Neuzugang der Flotte und kommt in diesem Jahr das erste Mal für die Meeresschutzorganisation zum Einsatz. Von Juni bis Oktober 2023 wird Sea Shepherd im Seegebiet zwischen Flensburg und Rügen patrouillieren, Verstöße gegen bestehende Schutzgesetze melden, sogenannte Geisternetze bergen und Cleanups entlang der Küste durchführen und so einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Artenvielfalt und des marinen Ökosystems leisten. Und das ist dringend nötig!
Die Ostsee befindet sich in einem alarmierenden Zustand und zählt zu den bedrohtesten Meeresgebieten der Welt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu den Hauptgefährdungsursachen gehören Eutrophierung, Überfischung, Verschmutzung, Unterwasserlärm sowie die voranschreitende Klimakrise. Besonders im Fokus der Kampagne steht die Fischerei, vor allem die Stellnetzfischerei und die Verschmutzung durch alte Fischereiausrüstung, darunter auch Geisternetze. Diese werden im Meer zu einer tödlichen Falle für Meeresbewohner wie Seevögel, Schweinswale, Robben oder Fische. Mit einem eigenen Tauch-Team und der notwendigen Ausrüstung geht Sea Shepherd auf die Suche nach diesen Todesfallen und sorgt dafür, dass die Netze aus dem Meer entfernt werden. Bereits seit 2017 führt Sea Shepherd Deutschland erfolgreiche Kampagnen in der Ostsee durch. In den vergangenen zwei Jahren konnten schon mehrere Tonnen Geisternetze geborgen und viele Hundert Tiere aus den Netzen befreit werden.
Gestärkt durch eine erfahrene Crew, einem hochmotivierten Team aus mehr als 50 Freiwilligen, die sich an der Kampagne beteiligen und dem neuen Schiff hat sich die Meeresschutzorganisation für dieses Jahr noch mehr vorgenommen, um die Ostsee besser zu schützen. Der Sommer steht vor der Tür und mit den steigenden Temperaturen strömen immer mehr Menschen in Richtung Küste. Sicherlich zählt die Ostsee zu den beliebtesten Ausflugsregionen, die Deutschland zu bieten hat. So ist es nicht verwunderlich, wenn Badegäste schon bald wieder die Strände fluten und sich auf ein erfrischendes Bad in der Ostsee freuen. Doch abseits des Trubels, unterhalb der Wasseroberfläche wird es still, erschreckend still. Denn die biologische Vielfalt schwindet. Besonders gravierend zeigen sich die Auswirkungen am Beispiel der Ostsee-Schweinswale.
Die in der Ostsee lebenden Schweinswale werden in zwei Populationen unterteilt. In der zentralen Ostsee gelten sie als vom Aussterben bedroht und ihre Populationsgröße wird auf etwa 450 –500 Individuen geschätzt. In der westlichen Ostsee ist die Population etwas größer und sie wird als stark gefährdet eingestuft. Als eine der Haupttodesursachen gilt nach wie vor die Stellnetzfischerei. Die feinen Netze können unter Wasser kaum wahrgenommen werden, die Tiere verfangen sich und ertrinken schließlich. Regelmäßig werden tote Schweinswale an den Küsten aufgefunden, an denen Verletzungen durch die Fischerei nachgewiesen werden können.
„Wie auch viele andere Umweltverbände fordern wir ein Ende der Stellnetzfischerei in den Verbreitungsgebieten der Tiere. Wenn wir weiterhin zulassen, dass sie als Beifang im Netz landen, werden wir damit das Schicksal der Ostsee-Schweinswale schlussendlich besiegeln“, sagte Florian Stadler, Kampagnenleiter von Sea Shepherd Deutschland.
Die Fischerei im Visier
Auf ihren Patrouillen dokumentiert die Meeresschutzorganisation die Folgen der Stellnetzfischerei und meldet Verstöße gegen bestehende Schutzgesetze, wie beispielsweise das Rückwurfverbot oder die Fangbeschränkungen von Dorschen. Dorsch darf in EU-Ostseegewässern nur noch als Beifang angelandet werden. Die gezielte Dorschfischerei ist nicht mehr erlaubt und auch die Tagesfangmenge pro Freizeitanglerin und Freizeitangler ist seit 2022 auf einen Dorsch pro Tag beschränkt. Hintergrund dieser Maßnahmen ist der starke Rückgang der Dorschpopulation. Die Dorschpopulation in der westlichen Ostsee ist laut einer Studie der Universität Hamburg kollabiert. Der Kipppunkt wurde nach Einschätzung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits überschritten. Als Hauptgründe für diesen dramatischen Zusammenbruch gelten der Klimawandel und Überfischung.
Zunehmend veränderte Umweltbedingungen wie z.B. die Erwärmung der Meere wurden bei den gesetzten Fangquoten nicht berücksichtigt. Die Folgen sind verheerend, nach Angaben der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kann sich die Dorschpopulation gar nicht oder nur äußerst langsam erholen. Neben der Überprüfung der Fischerei kümmert sich Sea Shepherd auch um die Verschmutzung, die durch den Fischfang entsteht und leistet einen aktiven Beitrag zur Verringerung der Meeresverschmutzung. Über 640.000 Tonnen Fischereiausrüstung werden jedes Jahr im Ozean entsorgt. Allein in der Ostsee gehen jährlich bis zu 10.000 Netze und Netzteile verloren. Dabei dauert es Jahrhunderte, bis sich das Material zersetzt. So lange sind die Netze für zahllose Meeresbewohner tödlich.
Ein zentrales Ziel der Baltic Sea Campaign ist daher die Bergung von Geisternetzen. Mit der notwendigen Ausrüstung und speziell geschulten Taucherinnen und Tauchern werden die Netze zuerst lokalisiert und für die Freistellung vorbereitet. Die geborgenen Netze werden anschließend ordnungsgemäß entsorgt oder wenn möglich, umweltfreundlich gereinigt und upcycelt.
Wer in diesem Jahr selbst für den Schutz der heimischen Gewässer aktiv werden will, kann sich an den sogenannten Cleanups beteiligen. Über die nächsten Monate organisiert die Meeresschutzorganisation deutschlandweit zahlreiche Reinigungsaktionen entlang der Küsten- und Ufergebiete. Die Termine werden rechtzeitig auf der Website bekannt gegeben. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Einfach mitmachen und für den Umweltschutz aktiv werden.
Die Baltic Sea Campaign wird von der Deutschen Postcode Lotterie gefördert. Bereits das dritte Jahr in Folge wird die Kampagne mit einer Förderung in Höhe von 100.000 Euro unterstützt.
Neuzugang der Flotte – Die TRITON
Das Schiff stammt aus Gibraltar, wo es für die Königliche Polizei von Gibraltar im Einsatz war. Es wurde 2013 gebaut, ist knapp 23 Meter lang, 6 Meter breit und fährt mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 28 Knoten. Zu Beginn 2022 erwarb Sea Shepherd Deutschland das Schiff und überführte es Ende April nach Deutschland. „Gerade am Anfang wurde unsere Geduld herausgefordert und es gab unzählige bürokratische Hürden zu meistern, bevor wir schließlich mit den geplanten Umbauten beginnen konnten“, so Manuel Abraas, Geschäftsführer von Sea Shepherd Deutschland. In den letzten Monaten wurde nicht nur der komplette Anstrich erneuert, sondern auch einige Optimierungen vorgenommen, um das Schiff bestmöglich auf die Bedürfnisse anzupassen. Am Bug ist nun eine Netzwinde angebracht, die es der Crew erlaubt, Geisternetze leichter an Bord zu heben. Zusätzlich wurde ein hochmodernes Sonar-System eingebaut, um die Suche nach Geisternetzen und anderer Fischereiausrüstung effizienter zu gestalten.
„Mit der TRITON werden wir unsere Arbeit in Deutschland intensivieren und den aktiven Meeresschutz erfolgreich vorantreiben“, sagte Manuel Abraas.Über Sea ShepherdSea Shepherd ist eine internationale, gemeinnützige Meeresschutzorganisation und setzt sich seit mehr als 40 Jahren für den Erhalt der Artenvielfalt und des marinen Ökosystems ein.
Als einzige Meeresschutzorganisation der Welt geht sie mit einer eigenen Flotte und Tausenden Freiwilligen auf der ganzen Welt gegen illegale Handlungen auf See und an Land vor und schreitet beherzt ein, wenn Meerestiere in Not sind. Mit ihrer Arbeit beendet sie Wilderei, sorgt dafür, dass Schutzgesetze beachtet werden und verhindert die Zerstörung und Ausbeutung der marinen Lebensräume. Dafür arbeitet die Meeresschutzorganisation mit Strafverfolgungsbehörden wie INTERPOL und Regierungen weltweit zusammen, um Verbrechen gegen die Ozeane und ihre Bewohner zu stoppen und Verursacher vor Gericht zu bringen. In Deutschland ist Sea Shepherd mit einem eigenständigen, ehrenamtlichen Verein seit 2010 aktiv.