Der Killesberg ist um eine alte Attraktion reicher. Mit der Rückkehr von Pfauen lebt im Höhenpark eine jahrzehntealte Tradition auf. Nach einer Eingewöhnungsphase im Stall sind die je zwei Hähne und Hennen jetzt für die Gäste zu sehen: wo jedoch, das ist nicht vorhersagbar, denn die vier Neuzugänge dürfen die ganze Parkanlage nutzen. Für die Besucherinnen und Besucher schaffen sie den zusätzlichen Anreiz, das vielseitige Naherholungsgebiet komplett zu erkunden. Wer sie entdeckt, erlebt eine Überraschung, die es hier noch nie gab: Während ein Pfauenpaar in spektakulären Farben schillert, erscheint das andere durch und durch in einem erhabenen Schlohweiß.
„Das ist eine tolle Sache für den Killesberg“, sagt Anja Neupert vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Stadt Stuttgart, das den Höhenpark gestaltet und pflegt. „Pfaue gab es hier eigentlich immer, seit die Anlage damals zur Gartenschau 1939 entstand. Sie gehören einfach hierher.“ Vor gut zehn Jahren war die Haltung mit dem Tod der letzten Pfauen zunächst ausgelaufen. Viele hatten ein hohes Alter erreicht. Doch dass ausgerechnet einer der Letzten einem Fuchs zum Opfer fiel, hatte unter der Belegschaft für Frust gesorgt. „So etwas kommt aber höchst selten vor“, erklärt die Parkentwicklerin. „Pfaue können gut fliegen und sich vor Füchsen in Sicherheit bringen. Die Art stammt aus Indien und Sri Lanka, wo es viele Raubtiere gibt. Deshalb schlafen sie auch meist auf Bäumen.“
Die Sorge, dass die Pfauen ganz davonfliegen, besteht nicht. „Sie können sich frei bewegen und sollen ruhig den gesamten Park nutzen“, sagt Tierpflegerin Susanne Miniböck. „Aber Pfaue sind recht bequem und gelten allgemein als standorttreu, soweit ihnen nichts fehlt.“ Neben den Käfern, Maden und Larven, die sie sich selber suchen, erhalten sie eine ausgewogene Körnermischung als Futter. Sonderlich schwer zu halten, sind die Fasanenartigen Hühnervögel nicht. Schon seit der Antike hat die gehobene Gesellschaft sie als Geflügel gezüchtet. Später gewannen sie zudem aufgrund ihres extravaganten Aussehens bei dem europäischen Adel den Rang als Statussymbol.
So exotisch sie aussehen: Sehr selten sind sie durch die Zucht also nicht – zumindest nicht die bunten Pfauen. Bei den farbprächtigen Neubewohnern auf dem Killesberg handelt es sich um Schwarzflügelpfaue. Sie stammen von einer Zuchtfarm im Landkreis Tübingen, wie auch die zwei weißen Artgenossen. Obwohl sie fast von Kralle bis Krone eierschalenfarben sind, gehören diese Exemplare nicht zu den Albinos. Sonst hätten sie zum Beispiel rot erscheinende Augen. Weißen Pfauen fehlen genetisch bedingt farbstoffbildende Pigmentzellen, was bei dem sogenannten Leuzismus jedoch nicht total ist, sondern sich in erster Linie auf die Federn beschränkt. Andere Körperteile wie Schnabel, Augen, Beine und Haut sind zwar in der Regel deutlich aufgehellt, zeigen aber noch Reste einer Färbung.
Das bedeutet für die Tiere keine Erkrankung, beeinflusst sie aber insofern, dass die hellen Tiere für Beutegreifer auffälliger sind und die Balz für diese Hähne erschwert wird. Sie fächern dabei ihre extralangen Schwanzdeckfedern zum Werben um das andere Geschlecht auf. Das berühmte Radschlagen wirkt ohne das Farbspiel jedoch weniger anziehend. Ein weißer Hahn dürfte daher in direkter Konkurrenz zu einem bunten Artgenossen bei der Damenwahl eher das Nachsehen haben. Weiße Hennen dagegen paaren sich durchaus mit bunten Hähnen. Aufgrund der autosomal- rezessiven Vererbung des Farbmerkmals kann deren Nachwuchs dann bunt oder weiß werden, falls der Schwarzflügelpfau schon einen weißen Vorfahren hatte. Gescheckt werden deren Küken allerdings nicht. Weiß-bunt gescheckte Pfauen gehen auf eine andere Mutation zurück.