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20 Jahre Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis Esslingen

RegionKreis Esslingen20 Jahre Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis Esslingen
Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis Esslingen arbeitet seit 20 Jahren erfolgreich

Kreis Esslingen.| Seit 20 Jahren gibt es im Landkreis Esslingen die Schuldner- und Insolvenzberatung. Bei den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen im Landkreis Esslingen erhalten Betroffene kostenlose Hilfe auf ihrem Weg aus der Überschuldung.

Die Partner der Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis, zu der neben dem Landkreis auch der Kreisdiakonieverband (KDV) und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gehören sind dankbar für dieses Angebot, stellt die Sozialdezernentin Katharina Kiewel fest. „Tausenden Menschen konnte in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein finanzieller Neuanfang ermöglicht werden. Für viele sind die Beratungsstellen im Landkreis der letzte Ausweg aus einer existenzbedrohenden Krise.“

Bereits Mitte der 80er Jahre spezialisierten sich im Landkreis Esslingen die ersten Sozialberater/innen auf die Beratung von überschuldeten Menschen und zählten damit bundesweit mit zu den Vorreitern auf diesem Gebiet. Auch heute ist die Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis noch etwas Besonderes: öffentliche Verwaltung und freie Wohlfahrtspflege teilen sich nicht nur die Trägerschaft, sondern auch die fünf Beratungsstellen sind miteinander vernetzt und arbeiten bereits seit Beginn der 1990er Jahre eng zusammen. Von Anfang an standen dabei die Ratsuchenden im Mittelpunkt der Beratung, daran hat sich auch mit Einführung der Verbraucherinsolvenz im Jahr 1999 nichts geändert.

Am 01.01.1999 trat die Insolvenzordnung in Kraft, die es ab diesem Zeitpunkt auch Verbrauchern ermöglichte, Restschuldbefreiung zu erlangen. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde überschuldeten Privatpersonen das Recht eingeräumt nach einem begrenzten Zeitraum schuldenfrei zu sein und somit ein wirtschaftlicher Neuanfang ermöglicht. Von 1999 bis 2001 konnten jedoch nur wenige Privatpersonen von diesem Recht Gebrauch machen, da kaum jemand in der Lage war, die Verfahrenskosten als Vorschuss beim Gericht einzubezahlen. Dieses Hindernis wurde im Jahr 2001 mit der ersten Änderung des Gesetzes beseitigt. Seitdem gibt es die Möglichkeit, die Kosten stunden zu lassen. Endlich wurde so der wirtschaftliche Neubeginn für alle Verbraucher möglich. Außerdem wurde die Dauer des Insolvenzverfahrens auf sechs Jahr reduziert.

Durch die Reform des Gesetzes im Jahr 2014 kann der Zeitraum zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung verkürzt werden. Abhängig da-von, wie viel ein Schuldner/eine Schuldnerin im Laufe der In-solvenz bezahlt, kann die Befreiung bereits nach drei bzw. fünf Jahren beantragt werden.

Die Anforderungen an die Kompetenzen der Schuldnerberater/innen sind mit jeder Änderung gestiegen, u. a., weil immer mehr gesetzliche Regelungen in der Beratung zu beachten sind und neue Aufgabenbereiche übertragen wurden, berichten übereinstimmend die Landkreisexperten.

Der Fokus liegt aber weiterhin auf der ganzheitlichen Schuldnerberatung. Oftmals werden Themen bearbeitet, die über die reine Regulierung hinausgehen: beispielsweise Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, Krankheit, Trennung/Scheidung. Eine Beratung auf Augenhöhe, mit Kompetenz und Einfühlungsvermögen ist Grundlage für Veränderungsprozesse und damit einen nachhaltigen, erfolgreichen Neuanfang.

„Die Aufgabe ist sehr anspruchsvoll“ weiß Katharina Kiewel. Denn, „bei Erfüllung dieser ganzheitlichen Beratung bewegen sich die Schuldnerberater/innen im Spannungsverhältnis zwischen rechtlicher sowie wirtschaftlicher Abwicklung und psychosozialer Beratung.“

Bis 2010 stieg die Zahl der eröffneten Insolvenzverfahren stetig an. In den Folgejahren nach Einführung der Kostenstundung im Jahr 2001 hat sich der Anstieg zunächst stark vergrößert, bis im Jahr 2010 mit etwa 15.000 eröffneten Insolvenzverfahren in Baden-Württemberg der Höhepunkt erreicht wurde. Seitdem sinkt die Zahl der eröffneten Verfahren, im Jahr 2018 waren es noch knapp 9.200 Insolvenzverfahren (Quelle: Stat. Landesamt Baden-Württemberg, 2019).

Ein Grund für den Rückgang könnte sein, dass seit einigen Jahren durch das flächendeckende Angebot an kostenloser Schuldnerberatung nur noch in Ausnahmefällen ein Beratungshilfeschein für eine Schuldenregulierung über einen Anwalt ausgestellt wird. „Die Anzahl an Fällen, die durch die Schuldnerberatungsstellen in die Insolvenz geführt werden, ist durch deren Kapazitäten begrenzt, einen Anwalt können sich nur wenige leisten.“, so Eberhard Haußmann der Geschäfts-führer des KDV.

Auch in Zukunft stehen weitere Änderungen im Bereich der Insolvenz an:
Im Sommer 2019 wurde die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur „Restrukturierung und Insolvenz“ verabschiedet. Sie sieht vor, dass eine Restschuldbefreiung in drei Jahren möglich ist. Die Richtlinie soll innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.

Prinzipiell ist die Neuregelung sehr zu begrüßen. Sie lässt eine Gleichbehandlung aller Betroffenen bezüglich der Verfahrensdauer zu, unabhängig von deren monetärem Stand, weg von einem Zweiklassen-Insolvenzverfahren.

„Wünschenswert wäre eine schnelle Umsetzung in deutsches Recht. Gerade für die beratenden Berufe wie Schuldnerberatung oder Rechtsanwälte, die über die kommenden Neuregelungen und genauere Ausgestaltung aufklären müssen, ist es wichtig Klienten in der Übergangsphase adäquat beraten zu können“ fordert Katharina Kiewel, auch im Namen der Partner.

Leider ist den Partnern der Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis Esslingen bis heute nicht bekannt wie die Um-setzung der EU-Richtlinie in nationales Recht aussehen wird.

„Gibt es verschärfte Ausschlusskriterien? Werden die Regelungen für sogenannte ausgenommene Forderung ausgeweitet? Welche Kosten entstehen bei einem dreijährigen Verfahren für die Betroffenen? Werden Voraussetzungen zur Stärkung außergerichtlicher Lösungen geschaffen? Und vieles mehr formuliert Haußmann seine Fragen.

„Es wird wohl noch eine Weile dauern bis genauere Umsetzungspunkte bekannt werden“ mutmaßt auch der Geschäftsführer des DRK Klaus Rau. So bleibt derzeit nur zu hoffen, dass der Gesetzgeber bei der kommenden Reform Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt und eine Gesetzesänderung erarbeitet, die auch das bewirkt, was geplant ist, ist aus den Beratungsstellen zu hören.

Die Schuldnerberatung im Landkreis Esslingen wird getragen vom Landkreis Esslingen, dem Kreisdiakonieverband im Landkreis Esslingen dem Deutschen Roten Kreuz in Nürtingen und den großen Kreisstädten. In jeder der fünf Beratungsstellen sind 1,5 Stellen mit Fachkräften der Schuldnerberatung besetzt. Landkreis, Städte und Träger teilen sich die Personalkosten zu unterschiedlichen Anteilen.

Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen im Landkreis Esslingen:

  • Diakonische Bezirksstelle Filder, Telefon 0711/997982-0
  • Diakonische Bezirksstelle Esslingen, Telefon 0711/342157-0
  • Diakonische Bezirksstelle Kirchheim, Telefon 07021/92092-0
  • Landratsamt Esslingen, Telefon 0711/3902-42696
  • DRK-Kreisverband Kirchheim-Nürtingen, Telefon 07022/7007-38 oder -39

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