Er wiegt nur sechs Kilogramm und ist so groß wie ein Schuhkarton – aber sein Inneres macht ihn zu einem Beobachter der Weltmeere: Der Kleinsatellit OTTER ist am 28. November 2025 ins Weltall gestartet. In einer Höhe von 500 Kilometern klappt er seine Solarpaneele aus und startet seine Instrumente. Dann behält er Schiffe und bestimmte Ereignisse auf hoher See im Blick. Die Mission OTTER (Optical Traffic Tracking Experiment for Responsive Space) wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Beteiligten aus der Industrie geplant und durchgeführt. Es handelt sich um ein Experiment, das auch zeigen soll, wo es noch Forschungsbedarf gibt, um eine schnellere Bereitstellung weltraumbasierter Fähigkeiten zu verwirklichen. OTTER soll zusätzlich verdeutlichen, wie gut ein kleiner Satellit die großen bestehenden Systeme zur maritimen Aufklärung unterstützen kann.
OTTER erfasst mit einer Antenne die Positionssignale maritimer Ziele. Um diese Aufnahmen zu überprüfen, hat der Kleinsatellit zusätzlich eine Kamera an Bord. Dazu kommen weitere Antennen, Empfänger und Reflektoren. Anhand der Daten wollen die Forschenden zum Beispiel illegale Fischerei, Schiffe in Seenot, Ölverschmutzungen oder Signalmanipulationen auf hoher See detektieren.
Der Einsatz von weltraumgestützter Infrastruktur für die maritime Aufklärung bietet einen großen Mehrwert gegenüber land- und seegestützten Systemen. Die Lagebilder werden durch Satelliten unabhängig von Landesgrenzen erstellt. Neben den großen proprietären Satelliten etablieren sich mehr und mehr kommerzielle Kleinsatelliten, die vorhandene Fähigkeiten ergänzen. Dabei haben mehrere kleinere, leicht ersetzbare Systeme eine höhere Resilienz und größere Abdeckung.
RSC3 in Trauen ist für die Mission verantwortlich
Mit OTTER wird anwendungsnah an Responsive-Space-Fähigkeiten für konkrete maritime Aufgaben geforscht. Responsive Space bedeutet, dass weltraumgestützte Dienste reaktionsschnell bereitgestellt werden können. Das ist wichtig, um eine Satelliten-Infrastruktur zu ergänzen oder zu ersetzen, falls einzelne Satelliten ausfallen. Das DLR hat vor fünf Jahren ein nationales Kompetenzzentrum für reaktionsschnelle Satellitenverbringung etabliert: Das Responsive Space Cluster Competence Center (RSC3) in Trauen ist auch für die OTTER-Mission verantwortlich.
Der experimentelle Kleinsatellit – ein sogenannter 3 Unit CubeSat – ist mit einer SpaceX-Rakete in den USA gestartet. Er soll etwa zwei Jahre in einem niedrigen Erdorbit bleiben, bevor er in der Erdatmosphäre verglüht. Für einen beschleunigten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre nutzt der Satellit einen elektrischen Antrieb. Das RSC3 und die Beteiligten aus der Industrie testen mit OTTER einerseits ihre Konzepte für den Bau und den Betrieb des Kleinsatelliten. Andererseits erwarten sie von der Mission Erkenntnisse für die Beobachtung von Aktivitäten auf dem Meer. Der Satellit empfängt zum Beispiel Informationen aus dem Automatic Identification System (AIS) von Schiffen. Er macht gleichzeitig Bilder mit einer Kamera und sendet beides zu einer Bodenstation, wo die Daten ausgewertet werden. Über die Bodenstation bekommt der Satellit außerdem neue Anweisungen und Zeitpläne.
Satelliten, die nicht schwerer als 500 Kilogramm sind, gelten als Kleinsatelliten. Selbst unter diesen ist OTTER mit seinen sechs Kilogramm ein Leichtgewicht. Er gehört deswegen innerhalb der Kleinsatelliten zur Klasse der Nanosatelliten, die ein bis zehn Kilogramm wiegen.
Das Responsive Space Cluster Competence Center (RSC3) in Trauen
Das DLR hat im September 2020 mit Unterstützung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) ein nationales Kompetenzzentrum für Responsive Space (RSC3) in Trauen (Niedersachsen) etabliert. Das RSC3 setzt das Forschungsprogramm Responsive Space Capabilities sowohl innerhalb als auch außerhalb des DLR um, indem es Synergien in der Sicherheits- und Verteidigungsforschung nutzt und ein Netzwerk aus Forschung, Industrie und Nutzern aufbaut. Das Kompetenzzentrum wirkt als Koordinator und Katalysator und dient als zentraler Ansprechpartner. Das RSC3 ist international vernetzt.
Responsive Space ist die Fähigkeit, einen kurzfristig entstandenen Bedarf durch einen schnellen Start von Kleinsatelliten oder die Rekonfiguration von bestehenden Weltraumsystemen zu decken. Responsive Space steigert so die Resilienz der kritischen Weltrauminfrastruktur. Ausgefallene Fähigkeiten werden ersetzt und bereits vorhandene erweitert. Es können auch neue Fähigkeiten zum Einsatz kommen.