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Sparhaushalt: Gemeinderat beschließt zukunftsweisenden Etat 2026/27

LokalesStuttgartSparhaushalt: Gemeinderat beschließt zukunftsweisenden Etat 2026/27

Stuttgart.| Der Stuttgarter Gemeinderat hat einen strikten Spar-Doppelhaushalt für 2026/27 beschlossen. Trotz massiver Kürzungen umfasst er 10,6 Milliarden Euro, darunter 1,2 Milliarden für Investitionen. Steigende Steuern und Abgaben, Kredite und die Verschiebung von Projekten sichern die Handlungsfähigkeit der Stadt.

Nach Monaten des zähen Ringens und harter Debatten hat der Stuttgarter Gemeinderat am Freitag, 19. Dezember, mehrheitlich einen restriktiven Sparhaushalt für 2026 und 2027 beschlossen. Damit reagiert die Landeshauptstadt energisch auf die außergewöhnlichen Herausforderungen, um eigenständig handlungsfähig zu bleiben. Unter den schwierigsten finanziellen Bedingungen seit Jahrzehnten mussten massive Einschnitte in allen Bereichen vorgenommen werden. Ungeachtet dieser Kürzungen umfasst der Doppelhaushalt immer noch ein Finanzvolumen von insgesamt 10,6 Milliarden Euro, davon 5,2 Milliarden Euro 2026 und 5,4 Milliarden Euro 2027. Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro bleiben möglich: rund 562 Millionen Euro in 2026 und 620 Millionen Euro in 2027. Sie müssen aber zu einem großen Teil kreditfinanziert werden.

Die Entscheidung fiel mit 35 zu 26 Stimmen ohne Enthaltungen. Mitgetragen haben diesen Beschluss Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper, die Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und die Freien Wähler sowie Einzelstadtrat Thomas Rosspacher. Dagegen stimmten die Stadträtinnen und Stadträte von SPD und Volt, Die Linke, SÖS und Tierschutzpartei sowie FDP, AfD und PULS. Über die Genehmigung dieses Etats entscheidet das Regierungspräsidium Stuttgart im Frühjahr. Bis dahin gelten Einschränkungen im Rahmen der „vorläufigen Haushaltsführung“.

Einnahmen weggebrochen – Ausgaben gewachsen

Als Herausforderungen kamen zu den wegbrechenden Einnahmen durch den drastischen Wirtschaftsumschwung die wachsenden Ausgaben in Pflichtbereichen sowie Kostensteigerungen durch bundesrechtlich veranlasste Ausgaben, die von Bund und Ländern nur unzureichend gegenfinanziert sind. Die für die Stadt bedeutenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind von 1,3 Milliarden Euro (2024) auf geschätzt 750 Millionen Euro (2025) gesunken. Damit der Haushalt genehmigungsfähig ist, müssen sich dennoch Jahresfehlbetrag und Neuverschuldung im Rahmen halten.

Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper sagte zu dem Beschluss: „Es ist vollbracht. Weißer Haushaltsrauch ist aufgestiegen. Wir haben einen genehmigungsfähigen Doppelhaushalt 2026/27. Dieser führt leider zu schmerzhaften Kürzungen und zu Abgabenerhöhungen, die wir gerne vermieden hätten. Aber viele Investitions- und Fördermaßnahmen bleiben möglich. Deswegen sollten wir nicht nur auf das schauen, was nicht möglich ist, sondern auch auf das, was möglich bleibt und möglich wird.“

Stuttgart bleibt dynamisch und kann innerhalb des Doppelhaushalts mehr als 1,2 Milliarden investieren: 2026 rund 562 Millionen Euro sowie 2027 rund 620 Millionen Euro. Einschränkungen sind jedoch deutlich spürbar. Nachdem in den vergangenen Jahren sehr viele Projekte angeschoben wurden, priorisiert die Stadt nach Maßgabe des Gemeinderats ihre Investitionen nun stärker, streckt die Vorhaben zeitlich weiter und verabschiedet sich auch vorläufig von manchen Wünschen.

Vorangetrieben werden zum Beispiel der Neubau der Feuerwache in Bad Cannstatt, die Sanierung und Erweiterung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Sillenbuch und das modellhafte Haus für Film und Medien (SMIC). Rückenwind bietet das Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur und Klimaneutralität. Daraus fließen über zwölf Jahre insgesamt zirka 381 Millionen Euro für Investitionen nach Stuttgart. Das Geld wird für förderfähige Projekte eingesetzt, die bereits vorgesehen waren, wie etwa Schulen, Kitas und Verkehrsmaßnahmen. Die Landeshauptstadt will in den kommenden zwei Jahren rund 200 Millionen Euro der Mittel abrufen, um die Kreditaufnahme zu senken. Für zusätzliche neue Maßnahmen reicht die Finanzspritze nicht.

Projekte müssen teils gestreckt und geschoben werden

Auch in Zeiten eines hohen Spardrucks steht die Stadt zu zentralen beschlossenen Investitionen. Bei Großprojekten kommt es aber zu Verschiebungen: So muss der ÖPNV nicht reduziert werden, sondern er kann weiter ausgebaut werden – dies jedoch langsamer als zuletzt vorgesehen. Ebenfalls sollen die notwendige Sanierung des Stuttgarter Opernhauses und der Bau der dafür erforderlichen Interimsspielstätte ein Jahr später beginnen. Warten muss zudem die Umgestaltung der Villa Berg. Und die Idee einer zusätzlichen Konzerthalle kann vorerst nicht weiter verfolgt werden. Eine gute Nachricht ist, dass der Betrieb aller städtischen Bäder gesichert werden konnte.

Um die gewaltige Finanzierungslücke für den Doppelhaushalt 2026/27 zu schließen, folgte die Mehrheit des Gemeinderats dem Vorschlag von Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann, sogenannte Davon-Positionen aufzulösen. Das sind Rücklagen, die für Maßnahmen reserviert waren, aber über die bislang vertraglich noch nicht verfügt worden ist. Durch die Aufhebung dieser Zweckbindung fließt gebundene Liquidität in die freie Liquidität in Höhe von insgesamt 184,5 Millionen Euro. Diese kommen aus den Bereichen des Klinikums Stuttgart für den Neubau des Katharinenhospitals, der kulturellen Infrastruktur, des Investitionszuschusses an die Stuttgarter Straßenbahnen AG und der Wohnraumoffensive. Damit sind für die zur Finanzierung vorgesehenen Projekte ab 2028 gegebenenfalls zusätzliche Kredite notwendig.

Die Auflösung der Davon-Positionen reicht allerdings nicht aus, um die notwendigen Investitionen zu stemmen. Daher sind 2026 und 2027 Kreditaufnahmen von rund 484,5 Millionen Euro beziehungsweise 363,5 Millionen Euro vorgesehen – nachdem die Stadt seit 2018 im Kernhaushalt schuldenfrei war. Da die entstehenden Zins- und Tilgungslasten die finanzielle Handlungsfähigkeit einer Kommune mindern, setzt das Haushaltsrecht enge Grenzen für neue Schulden. Darauf achtet das Regierungspräsidium bei seiner Prüfung besonders.

Insofern war Stuttgart verpflichtet, auch seine Einnahmen zu steigern. Deshalb muss die Stadt nach langer Zeit äußerst zurückhaltender Erhöhungen von Steuern, Gebühren und Entgelten nun teils deutliche Anpassungen vornehmen. So war der Hebesatz der Gewerbesteuer nach einer Senkung im Jahr 2000 um zehn Prozentpunkte 25 Jahre lang unverändert geblieben. Er steigt nun wieder um eben diese zehn Punkte auf 430 Prozentpunkte. Die zuletzt 2002 angehobene Hundesteuer wird erhöht. Und die seit längerem vorgesehene Einführung einer Übernachtungssteuer soll nun zum 1. Juli 2026 kommen.

Um zusätzliche Belastungen für Wirtschaft und Bürgerschaft überschaubar zu halten, wurden 90 Prozent der Konsolidierung durch Einsparungen geschafft, nur zehn Prozent erfolgen durch Erhöhungen der Einnahmen.

Gemeinsamer Kraftakt von Verwaltung und Gemeinderat

Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann sagt: „In einem Kraftakt ist es der Verwaltung und dem Gemeinderat gelungen, die Weichen zu stellen, um trotz der widrigen Umstände die Stadt weiterhin lebenswert, modern und sozial zu gestalten. Den eingeschlagenen Weg müssen wir mit Disziplin und Gemeinsinn nun weiter bis zum Doppelhaushalt 2030/31 beschreiten. Das Haushaltskonsolidierungskonzept soll dafür sorgen, dass wir ab dann wieder jährlich ein positives Ergebnis von 200 Millionen Euro haben, damit die Stadt mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Investitionen hat.“

Auf dem Weg der Konsolidierung müsse die Last nun von allen gemeinsam getragen werden, betont Fuhrmann. „Die Einsparungen sind tiefgreifend und flächendeckend. Alle Referate, Ämter und Eigenbetriebe der Stadt haben ihren Beitrag geleistet. Die Verwaltung war immer wieder gefordert, neue Vorschläge zu unterbreiten, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen, weil sich die Wirtschaftszahlen fortlaufend verschlechterten.“ Diese Vorschläge haben die Fraktionen des Gemeinderats in den vergangenen Wochen geprüft, ergänzt oder auch verworfen.

Zentrales Kriterium für eine Kommune ist bei solchen Entscheidungen immer, ob es sich um Pflichtaufgaben oder freiwillige Leistungen handelt. Doch auch bei den gefährdeten freiwilligen Leistungen konnte in diesem Sparhaushalt ein Kahlschlag vermieden werden. Bei den Kürzungen im freiwilligen Bereich lag der Fokus vor allem darauf, Kosten zu beeinflussen und zu reduzieren, ohne Strukturen ganz zu zerschlagen.

 

Öffentlich heftig diskutiert wurden insbesondere auch die geplanten Kürzungen im sozialen Bereich. Dabei entfallen noch immer fast ein Viertel aller laufenden Ausgaben der Stadt auf soziale Leistungen: rund eine Milliarde Euro pro Jahr. Davon allein fast 500 Millionen Euro auf Leistungen des Jobcenters, die die Kommune im Auftrag des Bundes zu erfüllen hat. Zudem sind darin Jugendhilfeleistungen von über 100 Millionen Euro enthalten.

Ebenfalls bei über einer Milliarde Euro pro Jahr liegt der Personalaufwand für die mehr als 16.000 Beschäftigten der Kommune, die dafür sorgen, dass die Landeshauptstadt ihre vielfältigen Aufgaben für ihre gut 606.000 Bürgerinnen und Bürger erfüllen kann. Gegenüber 2024 rechnet die Kämmerei mit knapp 122 Millionen Euro höheren Personalkosten im Jahr 2026. Eine weitgehende Einstellungssperre bis September 2026 soll die Kostensteigerung bremsen. Anders als manche anderen Kommunen konnte Stuttgart die Arbeitsplätze seiner Beschäftigten sichern. Auch alle Beschäftigten leisten einen wichtigen Beitrag zum Sparhaushalt, da die Stuttgart-Zulage mehr als halbiert wurde (künftig: 70 Euro) und der Zuschuss zum Job-Ticket auf die Hälfte sinkt. Ganz wegfallen soll diese Förderung aber nicht. Auch weitere Funktionszulagen bleiben erhalten.

Erster Bürgermeister Dr. Fabian Mayer betont: „Wir sehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht als Ausgabeposten, sondern als Rückgrat unseres Dienstes an der Öffentlichkeit. Dass wir weiterhin ungefähr 35 Millionen Euro pro Jahr in freiwillige Zulagen investieren, ist Bestandteil unseres Bekenntnisses zur Belegschaft, die unter schwierigen Bedingungen tagtäglich ihr Bestes gibt.“

Die Betreuung und Ausbildung der Jugend nimmt weiter eine herausragende Rolle ein. In den Bereich Schule und Kitas fließen in Stuttgart pro Jahr unterm Strich rund 800 Millionen Euro. In keinen anderen Bereich der städtischen Aufgaben gehen mehr städtische Mittel. Auch bei den Investitionen dominieren die Schul- und Kita-Bauten klar. Von mehr als einem Viertel der Auszahlungen für Gebäude profitieren Maßnahmen für Kinder und Jugend der Landeshauptstadt.

Die nächsten Schritte

In seiner zwölfstündigen Sitzung zur dritten Lesung des Haushalts hat der Gemeinderat am Freitag über 838 Punkte diskutiert und abgestimmt. Es wird nun mehrere Wochen dauern, bis in Abstimmung mit den Ämtern sämtliche Veränderungen gegenüber dem Entwurf in den Haushaltsplan eingearbeitet sind und im Rechnungswesen erfasst werden. Dann legt die Kämmerei den Haushalt dem Regierungspräsidium zur Genehmigung vor. Aufgrund des Umfangs des Doppelhaushalts kann die Prüfung ihrerseits mehrere Monate in Anspruch nehmen.


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