von Bernhard Gaus
Bietigheim-Bissingen.| Hoher Besuch steht an. Wenn der Vizemeister aus der Bundeshauptstadt am Sonntag (16:30 Uhr) seine Visitenkarte in Bietigheim-Bissingen abgibt, ist die Favoritenrolle klar verteilt. Vorderstes Ziel der Jungs von Iker Romero dürfte es sein, die Partie gegen die Füchse Berlin möglichst lange offen zu halten.
In der DNA von Iker Romero ist eines fest verankert: in jedem Spiel auf Sieg zu gehen. Das wird der Chefcoach der SG BBM seinen Jungs auch gegen die Füchse Berlin mit auf den Weg geben. Doch für den Spanier ist die eigentliche Messlatte, ob sein Team während der 60 Minuten die maximale Leistung abrufen kann. „Wenn wir alles gegeben haben und der Gegner besser ist, dann kann ich das akzeptieren“, so das Credo des früheren Weltklassespielers.
Am siebten Spieltag nach der 30:25-Niederlage bei FRISCH AUF! Göppingen dürfte das Urteil des Spaniers differenzierter ausgefallen sein. Der Aufsteiger war im ersten Abschnitt in die Defensive geraten, hatte sich gegen den 21:15-Rückstand kurz nach dem Seitenwechsel kräfteraubend gestemmt. Mehr als der 21:20- Anschluss war jedoch nicht im Tank. Göppingen konnte am Ende mehr Reserven mobilisieren, Aufsteiger SG BBM Bietigheim bleibt im vierten Spiel in Folge ohne Punkte. Ob diese Serie ausgerechnet gegen das Topteam aus Berlin zu knacken ist?
Ein wenig enttäuscht war man in Berlin schon, dass es nach einer herausragenden Saison nicht zum ganz großen Coup gereicht hatte. Die Mannschaft von Füchse-Coach Jaron Siewert landete hinter der Ausnahmemannschaft des SC Magdeburg auf dem zweiten Tabellenplatz der Bundesliga. Zum Auftakt der neuen Saison konnten die Füchse im Supercup den Spieß umdrehen, besiegten den Deutschen Meister und schnappten sich den ersten Titel der Saison.
Und genauso motiviert ging es für das Team um Kapitän und Abwehrkante Max Darj weiter. Die Füchse tanzen mit viel Fortune auf drei Hochzeiten. Im DHB-Pokal wartet Mitte November das Achtelfinale bei den Rhein-Neckar Löwen. Ihren Spitzenplatz in der Liga mussten die Füchse zwar am 7. Spieltag räumen. Nach der 33:31-Niederlage im Top-Duell bei der MT Melsungen bleibt Berlin aber mit 10:4 Punkten voll bei der Musik. Und in der Gruppenphase Champions League liegen die Mannen von Jaron Siewert mit drei Siegen bei drei Niederlagen auch nach der torreichen 38:40-Heimniederlage vom Donnerstag gegen Paris Saint- Germain aussichtsreich im Kampf um den Einzug in die Finalrunde.
Die Saison hat sehr bewegend begonnen für den Vizemeister. Dazu darf man auch das kurzfristig verkündete Karriereende von Paul Drux zählen. Der 29-jährige deutsche Nationalspieler hatte sich nach einer langen Verletzungsgeschichte vor nicht einmal drei Wochen dazu entschieden, die Handballschuhe an den Nagel zu hängen. Verstärkt haben sich die Füchse zur aktuellen Saison mit Tobias Reichmann. Der 36- jährige frühere Rechtsaußen der deutschen Nationalmannschaft geht in seine zwölfte Saison in der 1. Bundesliga. Nach dem Abgang des „ewigen“ Hans Lindberg (43) und der erneuten Kreuzbandverletzung des Schweden Valter Chrintz bestand auf dem rechten Flügel akuter Handlungsbedarf.
Lasse Ludwig und Max Beneke, letztjähriger Torschützenkönig der 2. Liga, gehören jetzt ausschließlich dem Kader der Füchse an. Die beiden U21-Weltmeister waren in der vergangenen Saison noch mit Zweitspielrecht für den VfL Potsdam ausgestattet. Eine Konstellation, die nach dem Aufstieg des Zweitliga- Champions ohnehin nicht mehr möglich sein konnte. Lasse Ludwig wird an der Seite von Dejan Milosavljev, einem der besten Keeper der Bundesliga, weiter Erfahrung sammeln. Dasselbe gilt für Max Beneke im rechten Rückraum als Gespannpartner von Mathias Gidsel, Welthandballers des Jahres 2023.
Der Kern der Berliner Mannschaft blieb also weitgehend unverändert. Der Däne Lasse Andersson, Nils Lichtlein oder Fabian Wiede sind eine Bank im Rückraum der Hauptstädter. Neben Gidsel (51 Saisontore) und Andersson (49) steht mit Linksaußen Tim Freihöfer (48) ein weiterer Füchse-Spieler unter den Top Ten der aktuellen Torschützenstatistik. Mit im Schnitt fast 35 geworfenen Toren pro Spiel ist der Tabellenvierte nicht von ungefähr die torgefährlichste Mannschaft der Liga.
Die enge Freundschaft zwischen SG BBM-Cheftrainer Iker Romero und Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning muss am Sonntag 60 Minuten lang ruhen. Der „Napoleon“ des deutschen Handballs hatte den spanischen Weltklasse-Spielmacher 2011 einst vom FC Barcelona in die Bundesliga geholt. Neben Iker Romero hat übrigens auch Fredrik Genz eine Vorgeschichte bei den Füchsen. Der 27-jährige Torsteher der SG BBM stand von 2017 bis 2022 bei den Füchsen unter Vertrag, spielte hauptsächlich in der 3. Liga, wurde zur Saison 2019/20 an Zweitligist TuSEM Essen ausgeliehen, kam in seiner Berliner Zeit aber auch zu Einsätzen in der 1. Liga und im Europapokal.