Breuningerland zeigt Feuerwehrgeschichte

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Ditzinger Feuerwehrangehörige löschen mit der Handdruckspritze aus dem Jahr 1863 wie unsere Ururgroßväter.

LUDWIGSBURG. „Ludwigsburg, den 12. August, 3 Uhr früh. In der anlaufenden Nacht, nach 9 Uhr brach hier bisher auf unerklärte Weise in den Fourageräumen des großen, am See gelegenen Reithauses, … Feuer aus… . Während man zuerst gehofft hatte, das Feuer vielleicht auf den Giebel und die Dachräume beschränken zu können, stürzte nach 10 Uhr plötzlich der größte Theil des stattlichen Gebäudes unter einem kanonendonnerähnlichen Krachen zusammen – eine Katastrophe, die leider sehr erhebliche Unglücksfälle herbeigeführt hat. Mehrere Feuerwehrmänner hatten eine Leiter vor dem Reithause erstiegen, die … von den einstürzenden Trümmern erreicht wurde, so daß ein Feuerwehrmann, ein allgemein geachteter hiesiger Bürger, sogleich tod und etwa acht andere zum Theil erheblich verletzt wurden.“

Nein, wir können nicht hellsehen und wissen nicht, was am 12. August geschehen wird! Diese Zeilen sind knapp 150 Jahre alt und informierten  die Bevölkerung im „Glemsboten“ vom 15. August 1863 über ein schreckliches Brandunglück am Schloss Monrepos. Damals steckte das Feuerwehrwesen noch in den Kinderschuhen, landesweit nährten fast täglich vergleichbare Unglücke die Angst vor „des Feuers Macht“.

Feuerwehr heute: Im Chemikalienschutzanzug wird ausgelaufenes Acethylaceton beseitigt

Eineinhalb Jahrhunderte später schützen uns die technischen Fortschritte, Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes sowie ein flächendeckend organisiertes Feuerwehrwesen weitgehend vor vergleichbaren Brandkatastrophen. Bereits einen Monat nach dem Brand des Reithauses hatten sich Feuerwehren zusammengeschlossen, um im Württembergischen Landesfeuerwehrverband gemeinsam den Kampf gegen Feuersbrünste aufzunehmen. Als fünf Jahrzehnte später in fast allen Gemeinden Württembergs Feuerwehren gegründet waren, schlossen sich auch auf der Ebene der kommunalen Oberämter die Feuerwehren zusammen und gründeten Bezirks-Feuerwehrverbände. Der im zweiten Weltkrieg aufgelöste Bezirksfeuerwehrverband des Oberamtes Ludwigsburg wurde schließlich am 2. August 1952, also exakt vor 60 Jahren, als „Kreisfeuerwehrverband Ludwigsburg“ neu ins Leben gerufen.

Aus Anlass dieses 60. Geburtstages zeigen sich die Feuerwehren in diesem Jahr kreisweit bei unterschiedlichen Veranstaltungen. Bei einer Sternfahrt am 15. September fahren Feuerwehrfahrzeuge aus sechs Jahrzehnten zum Gründungsort nach Marbach, um sich beim dortigen Feuerwehrfest interessierten Bürgern zu präsentieren. In der Jahreszeitung 2012 des Feuerwehrverbandes informieren die Floriansjünger über die historische Entwicklung des Verbandes sowie über besondere Einsätze seit seiner Gründung.

Das 55 Jahre alte Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Ludwigsburg präsentiert sich bei einer Oldtimerschau

Das Breuningerland präsentiert vom 2. – 11. August mit einer 10-tägigen Ausstellung die Entwicklung des Feuerwehrwesens im Landkreis Ludwigsburg. Auf den Ebenen EG1 und EG2 glänzen die Messinghelme oder Handdruckspritzen unserer Ururgroßväter, wenige Schritte weiter gibt es  moderne Löschtechnik aus dem 21. Jahrhundert zum Anfassen.

Vier von sieben Stationen der Ausstellung informieren mit dem Thema Brandbekämpfung über die originäre Aufgabe der Bürgerinitiative Feuerwehr. Doch Pumpen, Strahlrohre und Feuermelder spielen heute nur noch bei etwa jedem fünften Feuerwehreinsatz eine Rolle. Wesentlich häufiger leisten Feuerwehrangehörige Technische Hilfe bei Verkehrsunfällen, retten verunglückte Menschen aus Höhen und Tiefen oder nehmen auslaufende Gift- und Gefahrstoffe auf. Um bei diesen Einsätzen eine Giftaufnahme durch Haut oder Atemwege zu vermeiden, schützen sich die Helfer bei einem Gefahrgutunfall mit luftdichten und chemikalienresistenten Vollschutzanzügen. Wie außerirdische Froschmänner verrichten sie dann ihre Aufgaben zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt.

Seit den 1970er Jahren kommen die Feuerwehren vermehrt bei Verkehrsunfällen zum Einsatz, um eingeklemmte Insassen aus Unfallfahrzeugen zu befreien. An einem neuwertigen Fahrzeug veranschaulicht die Feuerwehr bei der Ausstellung, wie sie dafür mit hydraulischen

Kraftfahrspritzen aus den 1930er Jahren

Rettungsgeräten die Fahrzeuge zur Rettung verletzter Personen zerlegt. Allerdings erschwert moderne  Fahrzeugtechnik den Feuerwehren diese Arbeit zunehmend. Seitenaufprallschutz, hochstabile Stähle oder zahlreiche Airbags, die beim Zerschneiden des Fahrzeugs auslösen können, erfordern oftmals fahrzeug- und baujahrspezifische Rettungsmaßnahmen. Auf sogenannten Rettungskarten sind relevante Bauteile, wie Airbag, Gurtstraffer, Batterie, Kraftstofftank oder Verstärkungen der Karosserie in einer Fahrzeugskizze dargestellt. Durch diese Karten erfährt die Feuerwehr, wie sie schnell und sicher die optimalen Angriffspunkte für ihre Rettungsgeräte findet. Ein Mitarbeiter des ADAC steht an dieser Ausstellungsstation bereit und stellt interessierten Kunden eine Rettungskarte für ihr Fahrzeug zur Verfügung.

Die Ausstellung öffnet am Vormittag des 2. August um 11 Uhr ihre Pforten, der Spielmanns- und Fanfarenzug der Feuerwehr Remseck sorgt am Abend des Eröffnungstages ab 19 Uhr mit Platzkonzerten am Haupteingang für den musikalischen Rahmen. Danach sind Feuerwehrangehörige aus dem Landkreis Ludwigsburg ganztägig vor Ort, um die einzelnen Stationen zu erläutern und noch offene Fragen zu beantworten.