Winnender Mädlesfest

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Ein prächtiges Mittelalterfest zum Stadtjubiläum

Winnenden.| Zwei Tage stand Winnenden ganz im Zeichen des Jubiläumsjahres „800 Jahre Stadt Winnenden“. Mit einem prächtigen Festeinzug, bei welchem Stadtherr Heinrich von Neuffen seine jüngst gegründete Stadt Winnenden besuchte, begannen die Feierlichkeiten. Und sein Sohn Gottfried fand mitten auf dem Marktplatz sein „Winnender Mädle“.

Was man in Winnenden am vergangenen Wochenende erleben konnte, übertraf alle Erwartungen. Die ganze Innenstadt sprühte vor mittelalterlichem Flair. Ein wahres Bürgerfest war es, da neben Profis der Mittelalterszene auch die Winnender Bürger, Vereine und Unternehmen mit Bewirtungsständen, Handwerk, Auftritten oder Stationen bei dem Mitmachparcours „Winnespiel“ vertreten waren. Letzterer hatte enorme Vorbereitungen von allen Beteiligten erfordert. Allein hunderte von Kostümen hatten Ehrenamtliche genäht, damit die Teilnehmer in die richtige Stimmung versetzt werden, um die zwölf mittelalterlichen Aufgaben zu lösen. Auch das Bühnenprogramm bot für jeden Geschmack etwas: Von Schabernack, Tänzen, mittelalterlicher Musik bis hin zu einer Feuershow und vielem mehr.

In einem bewegenden ökumenischen Festgottesdienst am Sonntagvormittag stellten die Kirchen gegenseitigen ihre Winnender Kirchengeschichte vor. Die Fürbitten wurden in verschiedenen Sprachen vorgetragen – ein Zeichen des Miteinanders in Anwesenheit der vielen Gäste aus den beiden Partnerstädten Albertville und Santo Domingo de la Calzada.

Festeinzug als Inszenierung
Eine großartige Inszenierung war der Festeinzug am Samstagvormittag, bei welchem Verwaltungsspitze und Gemeinderat der Stadt in die Hauptrollen schlüpften. Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth spielte den „Stadtschultheiß Hartmut“, Bürgermeister Norbert Sailer war sein „Achates Norbert“ und fast der ganze Winnender Gemeinderat wurde zum „Magistrat“ wie vor 800 Jahren. Festlich, an der Spitze zwei Gaita-Spieler und ein Trommler aus der Partnerstadt Santo Domingo, zogen sie vom Alten Rathaus zur Festbühne auf den Marktplatz. Ganz im mittelalterlichen Stil wurden sie angekündigt. Vom tapferen Richard, dem großen Hans, dem grünen Christoph und von Andreas vom Haselstein war dort u.a. die Rede. „Unter denselben ist der gesegnete Bruder Gerald der Vortrefflichste“, so der Herold, und begrüßte damit Pfarrer Gerald Warmuth.

Fanfaren des Posaunenchors erklingen vom Torturm
Die Bürgerschaft hatte sich in riesiger Zahl bei strahlendem Wetter auf dem Marktplatz versammelt, zumal sich der Stadtherr Heinrich von Neuffen mit seinem Gefolge angekündigt hatte. „Er will sehen, was wir in den ersten Jahren seiner jungen Stadt Winnenden schon alles bewerkstelligt haben“, rief Schultheiß Hartmut von der Bühne. „Noch nicht lange ist es her, dass er im Jahre 1212 vom Stauferspross Friedrich II. das Recht der Ummauerung von Winnenden erhielt.“

Die höchsten Vertreter der Stadt eilten nach einem Ankunftssignal rasch die Marktstraße hinunter, um das riesige Stadttor, das extra für die Inszenierung von den Royal Rangers aufgebaut worden war, öffnen zu lassen. Hoch zu Ross warteten dort bereits Heinrich von Neuffen und seine Gattin Adelheid von Winnenden. In diese Rollen waren erneut Rainer Bauer und Heidemarie Halagah aus Winnenden geschlüpft.

Was sich dann abspielte, wurde mit Staunen von den Zuschauern entlang der Unteren Marktstraße bis zum Marktplatz verfolgt. Die Stadtkappelle führte den Zug mit Trommeln an, Heinrichs Hofstaat mit Gefolge und eine Vielzahl von mittelalterlichen Handwerkern, Gauklern und Musikern zogen die Marktstraße hinauf. Winnender Bürger und Schausteller, die später auch auf dem Mittelaltermarkt ihre Künste zeigten, folgten dem Stadtherrn Heinrich von Neuffen. Stimmige Kostüme, alte Leiterwägen, Tiere von der Sau bis zum Ochs und vieles mehr ließen mittelalterliches Flair aufkommen.

Winnenden hat wirklich Schwein gehabt
Doch damit nicht genug: Kostbare Geschenke hatte der Stadtherr im Gepäck, die er dem Schultheiß übereichte. Und auch die Stadtoberen ließen sich nicht lumpen und zeigten ihre Ehrerbietung mit zahlreichen Gaben, die Winnender Zunftmeister – welche noch heute in diesen Berufen arbeiten – übergaben. Pfiffig die Kommentare der Stadträte zu den Gaben, wie etwa bei der kleinen Sau, die dem Hofstaat übergeben wurde: „Wenn die Stadt Winnenden in 800 Jahren noch wie heute hier prächtig steht, dann haben wir wirklich Schwein gehabt!“

Und auch ein Happy-End durfte bei dieser Inszenierung nicht fehlen: Gottfried von Neuffen war ebenfalls mit seinen Eltern Heinrich und Adelheid angereist und entdeckte im Verlauf der Szene sogar sein „Winnender Mädle“. Er sprach folgende Worte:

„Vater, weit sind wir gereist und an fernen Höfen sind wir gewesen, doch nie habe ich ein solch liebreizendes Mädchen gesehen. Sie sitzt dort auf dem Brunnen und mein Herz sehnt sich nach ihr. Wenn sie doch nur auf mein Werben antworten würde …“

Wir wissen nicht, ob sich Gottfried tatsächlich in ein Winnender Mädchen verliebt hat. Was er jedoch hinterlassen hat, ist das „Winnender Lied“, in welchem er ein Winnender Mädchen besingt. Enthalten ist es in der berühmten mittelalterlichen Liederhandschrift „Codex Manesse“. Des „Winnender Mädles“ zu Ehren hat Winnenden daher im Jubiläumsjahr das „Winnender Mädlesfest“ gefeiert.

FILMTIPP
Ein sieben-minütiger Film über das „Winnender Mädlesfest“ ist auf der Homepage der Stadt Winnenden unter www.winnenden.de zu finden.