Jahresberichte 2011 des Landeskriminalamts

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WZ, 25.06.2012.| Die Polizei wird zunehmend mit organisierten Wirtschaftsdelikten konfrontiert, die besonders schadensträchtig sind. „Diese Verfahren nehmen nunmehr den größten Anteil an der Organisierten Kriminalität im Land ein. In den vergangenen Jahren dominierten noch Rauschgiftdelikte“, hat Innenminister Reinhold Gall am Montag, 25. Juni 2012, in Stuttgart bei der Vorstellung der beiden Jahresberichte 2011 für Organisierte Kriminalität sowie Wirtschaftskriminalität des Landeskriminalamts erklärt.

Die Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität hat sich von 39 auf 41 erhöht, damit setzt sich der Trend aus dem Vorjahr fort. Im Bereich der Bandendelikte ist 2011 sogar ein deutlicher Anstieg von 142 auf 165 Ermittlungsverfahren zu verzeichnen. Bei diesen Delikten, die im Vorfeld der Organisierten Kriminalität anzusiedeln sind, dominierten 2011 die Eigentumsdelikte und der Rauschgifthandel.

Dass international agierende Straftäter zunehmend auch das Internet und modernste Technik für ihre kriminellen Zwecke nutzen, zeigen fünf Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität und 17 Bandenverfahren. Die Täter hatten vornehmlich Kartendaten an Bankautomaten (Skimming) sowie Zugangsdaten zum Onlinebanking (Phishing) ausgespäht. Unter anderem wurde ein Server gehackt sowie Hardware-Keylogger (Aufzeichnung der Tastatureingaben) und Trojaner-Software zur Tatbegehung genutzt. Eines der Ermittlungsverfahren der Organisierten Kriminalität richtete sich gegen Täter, die ihre Beute aus Delikten der Eigentumskriminalität über das Internet verwertet hatten. In acht der Bandenverfahren wurde das Internet genutzt, um Delikte im Bereich der Eigentumskriminalität, des Vertriebs von Dopingpräparaten und des Rauschgifthandels zu begehen. „Mit der Einrichtung einer spezialisierten Abteilung Cyberkriminalität beim Landeskriminalamt sind wir künftig auch auf diesem Feld gut aufgestellt“, stellte Minister Gall fest.

In die Organisierte Kriminalität zunehmend verwickelt sind Rocker und rockerähnliche Gruppierungen wie die Black Jackets. So waren 2011 sieben Ermittlungsverfahren (2010: fünf) der Organisierten Kriminalität gegen deutsche und türkisch dominierte Gruppierungen gerichtet, in acht Verfahren wurde gegen Rockerbanden ermittelt. Dabei ging es um Rauschgift- und Waffenhandel, Eigentums- und Gewaltkriminalität sowie um Zuhälterei. Wegen zahlreicher massiver Straftaten wurde am 10. Juni 2011 die Rockergruppierung Hells Angels MC Borderland und die Teilgruppierung Commando 81 Borderland in Pforzheim und dem angrenzenden Enzkreis von Innenminister Gall verboten. „Wir werden die Szene intensiv im Blick behalten und entsprechend reagieren“, kündigte er an.

Bei der Gesamtbetrachtung der Wirtschaftskriminalität ist im Jahr 2011 festzustellen, dass der Schaden von 409 auf 511 Millionen Euro gestiegen ist (plus ein Viertel). Vermehrt angezeigt wurden Betrugshandlungen durch telefonische Gewinnversprechen. „Ich bin besorgt, dass insbesondere ältere Menschen Opfer von gewissenlosen Betrügern werden“, stellte Minister Gall fest. Diesen werde telefonisch beispielsweise ein hoher Bargeld- oder Autogewinn (bislang vornehmlich in der Türkei) vorgegaukelt.

Bei dem Telefonat werden die Opfer aufgefordert, vor der Anweisung des Gewinns oder der Überführung des Fahrzeugs, angeblich anfallende Kosten (z.B. Notar- oder Bearbeitungsgebühren) zu übernehmen. Zwischenzeitlich würden die Täter elektronische, anonyme Zahlungsmittel wie beispielsweise UKash-Vouchers oder Paysafecards bevorzugen. Die Opfer werden angewiesen, Bargeldgutscheine zu erwerben (in Tankstellen oder Verkaufsstellen) und den Gutscheincode den Tätern mitzuteilen. Die Polizei hat bereits darauf reagiert und Präventions- und Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt.

Deutlich gestiegen sind 2011 auch Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz – um fast ein Viertel auf 757 Straftaten. „Gewissenlose Täter steigern ihren Gewinn auf Kosten der Gesundheit“, kritisierte Minister Gall. Beispielsweise konnte eine Internethomepage ermittelt werden, worüber gefälschte Arzneimittel, vorwiegend Anabolika und potenzsteigernde Mittel, vertrieben wurden. Die Herkunft der nachgeahmten Produkte lag in Bulgarien und der Slowakei. Ein Untergrundlabor befand sich in Deutschland. Etliche der sichergestellten Präparate waren ohne Wirkstoff bzw. entsprachen nicht der Deklaration. Weiterhin hätten Verunreinigungen und zu niedrige Wirkstoffgehalte vorgelegen.