Außerhalb der Wall Street werden diesen Chart nur die wenigsten Menschen kennen. Aber um was handelt es sich bei dieser Kurve? Der Chart stellt die Zinsdifferenz zwischen US Staatsanleihen mit zwei und fünf Jahren Laufzeit dar. Normalerweise gibt es für länger laufende Zinspapiere mehr Geld als für kürzer laufende.
Mehr Zins bei längerem Ausleihen
Je länger jemand sein Geld irgendwo anlegt, desto mehr Zinsen gibt es. Daher ist die Zinsdifferenz zwischen zweijährigen und fünfjährigen Papieren normalerweise positiv. Aber aus dem Chart lässt sich noch mehr herauslesen. Je größer die Differenz zwischen den beiden Laufzeiten ist, desto optimistischer können Kenner in die Zukunft blicken.
Der Grund: Je höher die Zinsen, desto besser läuft die Konjunktur. Eine kleine Differenz spricht demzufolge für eine schlechtere Konjunktur. Wenn die Rendite der fünfjährigen US Papiere unter die der zweijährigen sinkt, ist das ein schlechtes Zeichen. Normalerweise deutet das auf eine Rezession und damit auf eine Abschwächung der Wirtschaft hin.
Noch ist die Kurve jedoch nicht negativ und die fünfjährigen Papiere bleiben bisher noch unter den zweijährigen. Die Nulllinie rückt jedoch rasant näher. Noch vor kurzem betrug die Zinsdifferenz fast 1 Prozent. Inzwischen ist sie runter auf 0,31 Prozent gesackt. Viele Experten verdrängen das Problem, auf das die Kurve hindeutet.
Zeit für Rezession in den USA
Die US Wirtschaft boomt bereits im achten Jahr. Und das ist eine der längsten Boomphasen in der jüngeren US Geschichte. Rein statistisch wäre es Zeit für eine Rezession. Seit acht Jahren steigen beinahe ununterbrochen die Kurse. Eine derart positive Serie gab es in der Börsen-Geschichte der USA erst drei Mal. Auch die Experten von Goldman Sachs sind verdutzt.
Noch längere Konjunktur?
Das groß angelegte Konjunkturprogramm von Donald Trump könnte dazu führen, dass die Konjunktur noch länger andauert und damit die typischen Zyklen ausschaltet. Er verspricht Steuersenkungen, die den Aufschwung noch etwas verlängern könnten. Diese Steuersenkungen müssen jedoch durch beide Kongress-Kammern gebracht werden. Die fallende Zinskurve demonstriert die Skepsis der Marktteilnehmer, ob und inwiefern das ohne Abstriche möglich ist.
Die Zinskurve der Wall Street sorgt derzeit für Gesprächsstoff. Es gibt bereits jede Menge Studien, die über das Phänomen kursieren. Tom Fitzpatrick von der amerikanischen Großbank Citi versteht die globale Aufregung. In den vergangenen Jahrzehnten hat er den Verlauf der Kurve genau beobachtet und ein interessantes Muster entdeckt.
Die Kurve hat fast immer recht
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Kurve die Konjunkturzyklen mit gewisser Vorlaufzeit fast immer perfekt vorausgesagt. Es gab Hochpunkte, die den kommenden Boom signalisierten und Tiefpunkte, die auf nahende wirtschaftliche Verwerfungen hindeuteten. So sorgte die Kurve Ende der Achtziger Jahre vor der amerikanischen Bankenkrise für Alarm. Zur Jahrtausendwende gab es ebenfalls einen Abfall vor dem Internetcrash, genau wie 2006 vor der nahenden Immobilien- und Wirtschaftskrise.
Auch das unabhängige Analyse-Haus Capital Economics hat die Vorhersagekraft der Kurve untersucht. Fehlalarm gab es lediglich in den 60ern und Mitte der 90er Jahre. Ansonsten konnte man die Kurve als Indikator für die Zukunft und als eine Art Glaskugel betrachten. So gab es bei fallenden Werten nach einiger Zeit eine konjunkturelle Abschwächung und bei negative Werten bald eine Rezession.