Berlin.| Der 20. Deutsche Bundestag entscheidet am Dienstag, 18. März 2025, namentlich über den von den Fraktionen der SPD und CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (20/15096). Mit dem Entwurf wollen die beiden Fraktionen Verteidigungsausgaben ab einer bestimmten Höhe von den Regeln der Schuldenbremse ausnehmen, ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur einrichten und den Ländern einen Verschuldungsspielraum für ihre Haushalte einräumen. Die Vorschläge sind das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD. Die drei Parteien haben nach der Bundestagswahl am 23. Februar inzwischen Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Für die Annahme des Entwurfs ist eine Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten notwendig.
Ebenfalls abgestimmt werden soll nach dreistündiger Debatte über einen Gesetzentwurf der FDP zur „Errichtung eines Verteidigungsfonds für Deutschland und zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)“ (20/15099). Zu beiden Vorlagen wird der Haushaltsausschuss Beschlussempfehlungen abgeben. Zu dem Antrag des BSW „Nein zur Kriegstüchtigkeit – Ja zur Diplomatie und Abrüstung“ (20/15107) wird eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses erwartet.
Änderung der Schuldenbremse
Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben soll nach dem Willen von CDU/CSU und SPD durch Änderungen der Artikel 109 und 115 erreicht werden. Dort soll laut Entwurf festgeschrieben werden, dass der Betrag der Verteidigungsausgaben, der ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts übersteigt, von den bei der Schuldenregel zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten abzuziehen ist.
Zur Begründung führen die Fraktionen eine „fundamentale Veränderung der Sicherheitsarchitektur“ infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor drei Jahren an. „Der Amtsantritt der neuen US-Regierung lässt darüber hinaus nicht erwarten, dass sich die existierenden geoökonomischen und sicherheitspolitischen Spannungen in der internationalen Politik verringern“, schreiben SPD und Union. Für die „fortgeführte Ertüchtigung“ der Bundeswehr reiche das Instrument eines Sondervermögens nicht aus. Das erforderliche Finanzierungsvolumen sei aber auch im Rahmen der geltenden Schuldenregel nicht zu realisieren, heißt es weiter.
„Mittel- bis langfristige Ertüchtigung der Bundeswehr“
Von der Änderung der Schuldenregel versprechen sich Union und SPD auch mit Blick auf den Nato-Gipfel im Juni in Den Haag ein Signal, „dass die mittel- bis langfristige Ertüchtigung der Bundeswehr auf Basis einer dauerhaft gesicherten Finanzierungsgrundlage und damit international sichtbar und glaubwürdig umgesetzt werden wird“.
Das Sondervermögen Infrastruktur soll in Artikel 143h des Grundgesetzes verankert werden. Es soll laut Entwurf ein Volumen von 500 Milliarden Euro umfassen und eine Laufzeit von zehn Jahren haben. 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen den Ländern für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Die Kreditaufnahme des Sondervermögens soll von der Kreditobergrenze der Schuldenregel ausgenommen werden.
Gesteigerter Investitionsbedarf für die Infrastruktur
Zur Begründung führen die Fraktionen den „gesteigerten Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich“ an. „Die Einrichtung eines Sondervermögens zur Modernisierung der Infrastruktur mit einer Kreditermächtigung von bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen sichert eine langfristige Finanzierungsgrundlage für Investitionen des Bundes zur Modernisierung Deutschlands“, heißt es weiter.
Das Sondervermögen ermögliche eine „Investitionsoffensive des Bundes“ als „integraler Bestandteil eines umfassenden Wachstums- und Investitionspakets der Bundesregierung“. Sie könne das mittelfristige Wirtschaftswachstum „spürbar stärken“, argumentieren Union und SPD in dem Entwurf. Die Einzelheiten des Sondervermögens sollen einfachgesetzlich geregelt werden.
Verschuldungsspielraum für die Länder
Der durch eine Änderung des Artikels 109 des Grundgesetzes vorgesehene Verschuldungsspielraum für die Länder wird von den Fraktionen mit der „herausfordernden Finanzsituation der Länder und Kommunen“ begründet. Der Entwurf sieht vor, der Ländergesamtheit – analog zum Bund – im Rahmen des Grundsatzes ausgeglichener Haushalte einen „sehr eng begrenzten“ strukturellen Verschuldungsspielraum in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts einzuräumen.
„Über die tatsächliche Nutzung dieses Spielraums und die konkrete Verwendung von entsprechenden finanziellen Mitteln entscheiden die Länder im Rahmen ihrer Haushaltsautonomie. Dies ermöglicht einen passgenauen Mitteleinsatz vor dem Hintergrund individueller regionaler und örtlicher Gegebenheiten“, so Union und SPD.
Gesetzentwurf der FDP
Die FDP-Fraktion hatte den „Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Verteidigungsfonds für Deutschland und zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)“ (20/15099) vorgelegt. Darin schlagen die Liberalen vor, das bestehende Sondervermögen Bundeswehr um weitere 200 Milliarden Euro aufzustocken. Die Nutzung der Mittel will die Fraktion an eine Bedingung geknüpft wissen. „Das erweiterte Sondervermögen kann ab dem Haushaltsjahr 2025 nur unter der Bedingung genutzt werden, dass im jeweiligen Haushaltsjahr ohne Mittel des Sondervermögens Verteidigungsausgaben nach Nato-Kriterien von mindestens zwei Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts im Haushaltsplan veranschlagt werden“, heißt es dazu.
Dadurch werde sichergestellt, dass das kreditfinanzierte Sondervermögen ausschließlich zusätzliche, über die zur Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato hinaus erforderliche Verteidigungsausgaben abdeckt. „Eine Umwidmung von Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt wird so verhindert“, führen die Liberalen aus. Die Kreditaufnahme aus dem Sondervermögen soll wie bisher nicht auf die Kreditobergrenze nach der Schuldenregel angerechnet werden.
Die Notwendigkeit der erhöhten Ausgaben für die Verteidigung und die Bundeswehr begründet die Fraktion unter anderem mit dem anhaltenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine. „Der Amtsantritt der neuen US-Regierung lässt darüber hinaus nicht erwarten, dass sich die existierenden geoökonomischen und sicherheitspolitischen Spannungen in der internationalen Politik verringern. Die Gewissheiten unserer nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen transatlantischen Sicherheitsarchitektur gehören der Vergangenheit an“, heißt es weiter.
Antrag Gruppe BSW
Die Gruppe BSW wendet sich gegen die Pläne zur Steigerung der Verteidigungsausgaben. In einem Antrag (20/15107) mit dem Titel „Nein zur Kriegstüchtigkeit – Ja zur Diplomatie und Abrüstung“ fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, „Diplomatie wieder ins Zentrum der deutschen Außenpolitik zur rücken“. Sie solle „eine Politik der Entspannung, gemeinsamen Sicherheit in Europa und Abrüstung“ verfolgen, „statt Hunderte Milliarden Euro für die Aufrüstung zu verpulvern und Deutschland zur ausgabenstärksten Militärmacht in Europa zu machen“. Außerdem stellt sich das BSW gegen den Plan „ReArm Europe“, mit dem die EU-Kommission 800 Milliarden Euro für Verteidigung mobilisieren will. Die Bundesregierung solle stattdessen im EU-Rahmen „auf eine Friedensinitiative zur Beendigung des Stellvertreterkrieges in der Ukraine“ dringen.
Weitere Forderungen zielen auf den Stopp von Rüstungslieferungen an die Ukraine und die Absage an jegliche Überlegungen zu einer atomaren Aufrüstung in Deutschland. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung außerdem auf, „Russland ein Gesprächsangebot über gemeinsame Abrüstungsanstrengungen zu unterbreiten, dies auch mit Blick auf eine Senkung der eigenen Militärausgaben und eine mögliche Beendigung der selbstschädigenden Wirtschaftssanktionen“.