Der Bundeskanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister haben Anfang Juli vereinbart, dass bis zur Übermittlung des Entwurfs des Bundeshaushalts 2025 und des Finanzplans bis 2028 an den Deutschen Bundestag und den Bundesrat Mitte August 2024 insbesondere verschiedene Optionen zur Finanzierung von Investitionen geprüft werden sollen. Die Prüfung ist nun extern durch ein rechtswissenschaftliches Gutachten und einen Brief des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) sowie intern durch weitere Beratungen der betroffenen Ressorts und des Bundeskanzleramtes abgeschlossen worden.
Die Bundesregierung wird im Wege eines Beschlusses im Umlaufverfahren Veränderungen des Haushaltsentwurfs und des Finanzplans bis 2028 vornehmen. Die Vorgaben der Schuldenbremse des Grundgesetzes werden weiterhin eingehalten, eine Umgehung findet nicht statt. Glaubhafte Fiskalregeln gewährleisten die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Handlungsfähigkeit des Staates. Folgende Veränderungen werden vorgenommen:
1. Der Infrastruktursparte der Deutschen Bahn AG, der DB InfraGO AG (im Folgenden: „Bahn“) wird zusätzliches Eigenkapital zugeführt. Dieses Eigenkapital ersetzt im Umfang von 4,5 Milliarden Euro die im bisherigen Entwurf des Bundeshaushalts 2025 vorgesehenen Zuschüsse. Darüber hinaus erhält die Bahn ein Darlehen des Bundes in Höhe von drei Milliarden Euro. Mit diesem Darlehen kann sie bisher am Markt begebene Anleihen für die Infrastruktur ablösen.
Die Eigenkapitalerhöhung bleibt ebenso wie das Darlehen als finanzielle Transaktion bei der Regelgrenze der Schuldenbremse unberücksichtigt. Die Ausgestaltung des Darlehens an die Bahn stellt sicher, dass es sich nicht um einen verdeckten Zuschuss handelt. Die Eigenkapitalerhöhung und das Darlehen erhöhen die zulässige Nettokreditaufnahme (NKA) des Bundes um diesen Betrag.
Die Gewährung von Eigenkapital ist ebenso wie die Gabe von Darlehen seit Jahrzehnten eine mögliche Form der Finanzierung durch den Bundeshaushalt. Seit Einführung der Schuldenbremse werden Darlehen als finanzielle Transaktionen gewertet, wenn die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind. Auch das Instrument der Beteiligung als finanzielle Transaktion wird genutzt.
Es ist sichergestellt, dass dem Eigenkapital ein angemessener Ertrag und dem Darlehen ein werthaltiger Rückzahlungsanspruch gegenübersteht. Die Infrastruktursparte der Bahn verfügt neben den Zuschüssen des Bundes heute über eigene Einnahmen (Trassenpreise, Vermietungserlöse für Personenbahnhöfe, Anlagenvermietung).
Um den hohen Investitionsbedarf der Bahn zu decken, sind im Haushalt 2025 Investitionsmittel in Höhe von insgesamt 15,1 Milliarden Euro für die Schieneninfrastruktur vorgesehen. Neben der bisher schon enthaltenen Eigenkapitalerhöhung in Höhe von 5,9 Milliarden Euro werden der Bahn weitere 4,5 Milliarden Euro für eine Erhöhung des Eigenkapitals zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden 4,7 Milliarden Euro an Zuschüssen gewährt. Außerdem wird der Bahn ein Darlehen des Bundes in Höhe von drei Milliarden Euro gewährt, um am Markt begebene Anleihen abzulösen.
Die Globale Minderausgabe (sog. Bodensatz-GMA) wird durch diese Maßnahme um 4,5 Milliarden Euro reduziert.
2. Im Anschreiben in der Kabinettvorlage des BMF zum Entwurf des Bundeshaushalts 2025 und des Finanzplans ist festgehalten, dass die Bodensatz-GMA zunächst auf 17 Milliarden Euro erhöht wurde. Es ist weiter festgehalten, dass die Bundesregierung beabsichtigt, bis zur formalen Zuleitung des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt 2025 und des Finanzplans an den Deutschen Bundestag die Bodensatz-GMA des Jahres 2025 wieder deutlich zu reduzieren. Durch die Eigenkapital-Erhöhung bei der Bahn können bisher als Zuschüsse vorgesehene Mittel ersetzt werden. Dadurch reduziert sich die Bodensatz-GMA auf 12,5 Milliarden Euro. Eine weitere Reduzierung erfolgt durch folgende zwei Maßnahmen:
a. Rund 300 Millionen Euro werden durch eine höhere Zahlung des Unternehmens Uniper an den Bundeshaushalt erbracht. Ursprünglich war für den Bundeshaushalt 2025 eine Zahlung von 2,6 Milliarden Euro prognostiziert. Uniper hat zuletzt mehr Mittel für die Zahlungsverpflichtung an den Bund zurückgestellt, die im Zusammenhang mit der Beihilfegewährung im Jahr 2022 erwartet wird. Daher kann nunmehr eine Zahlung von 2,9 Milliarden Euro veranschlagt werden. Im Zuge der Energiepreis-Krise 2022 wurde das Energieversorgungsunternehmen Uniper verstaatlicht, um die Energieversorgung für Privathaushalte und die Wirtschaft zu gewährleisten.
b. Die Vorsorge für den Ausfall von Steuereinnahmen beim EU-Energiekrisenbeitrag wird um 200 Millionen Euro abgesenkt. Die positive Einnahmeentwicklung des Jahres 2024 für die in den Anwendungsbereich des EU-Energiekrisenbeitragsgesetz fallenden Unternehmen legt eine entsprechend verbesserte Einnahmeentwicklung 2025 nahe.
Damit verbleibt eine insgesamt deutlich reduzierte Bodensatz-GMA in Höhe von 12 Milliarden Euro. Die langjährigen Erfahrungen aus der Haushaltspraxis zeigen, dass sich im Laufe eines Haushaltsjahres nicht alle Projekte realisieren lassen. Dies führt dazu, dass ein „Bodensatz“ von Mitteln übrig bleibt. Diese Mittel werden mithilfe der Bodensatz-GMA abgeschöpft. Die GMA ist ein übliches Instrument in der Haushaltsplanung, um eine gewisse Flexibilität zu wahren und auf unvorhergesehene Änderungen im Haushaltsvollzug reagieren zu können. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Bodensatz-GMA unter anderem durch ökonomische Entwicklungen und Aktualisierungsnotwendigkeiten bis zur Einbringung der Bereinigungsvorlage weiter reduzieren wird.
3. Für den Bereich Straße stehen Mittel in Höhe von 9,1 Milliarden Euro an Zuschüssen für Investitionen aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung. Davon stammen ca. 4,6 Milliarden Euro aus dem Aufkommen der LKW-Maut (Aufkommen insgesamt 2025 rd. 15,2 Milliarden Euro), die für Bau, Erhaltung und Betrieb der Autobahnen aus dem Bundeshaushalt zugewiesen werden (weitere 2,4 Milliarden Euro aus den Mautmitteln erhalten die Länder für die Bundesstraßen).
Nach dem Gutachten von Prof. Hellermann kann ein Darlehen an die Autobahn GmbH aus Bundesmitteln verfassungskonform als finanzielle Transaktion im Sinne von Art. 115 Abs. 2 S. 5 Grundgesetz, § 2 Abs. 1, S. 1 und § 3 Art 115-Gesetz ausgestaltet werden, wenn es kein verdeckter Zuschuss ist. Der Autobahn GmbH stehen derzeit keine eigenen Einnahmen aus der Maut zur Verfügung. Um ihr entsprechende eigene Einnahmen zur Verfügung stellen zu können, wären einfachgesetzliche Änderungen am Haushaltsgesetz, dem Bundesfernstraßenmautgesetz und am Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetz nötig. Diese wären mit Auswirkungen auf den bisherigen Finanzierungskreislauf verbunden. Dafür bräuchte es allerdings eine vertiefte Debatte.
Zur Ausgestaltung von Eigenkapitalzuführung und Darlehen an die Bahn:
Eigenkapitalzuführung
Die Bahn erhält 2025 zusätzlich zu der bereits vorgesehenen Eigenkapitalzuführung von rund 5,9 Milliarden Euro weitere 4,5 Milliarden Euro Eigenkapital, um geplante Infrastrukturvorhaben umsetzen zu können. Damit nutzt die Bundesregierung ein bereits für den Haushalt 2025 eingeplantes und auch in vergangenen Legislaturperioden eingesetztes Instrument zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen. Dieses erhöht die Verschuldung der Bahn nicht und verbessert das Eigenkapital-zu-Fremdkapital-Verhältnis. Wenn Eigenkapital für Investitionen in die Schieneninfrastruktur umgesetzt wird, ist die Zuführung beihilfekonform.
Zwischen der Bundesregierung und der Bahn sind Gespräche zur angemessenen Renditeerwartung im Zusammenhang mit den bereits geplanten Eigenkapitalzuführungen bereits weit fortgeschritten.
Die Zuführung von Eigenkapital des Bundes an die Bahn ist eine finanzielle Transaktion im Sinne der Schuldenregel nach Art. 115 Abs. 2 S. 5 Grundgesetz, § 2 Abs. 1, S. 1 und § 3 Artikel 115-Gesetz und erhöht daher die maximal zulässige Nettokreditaufnahme des Bundes. Im Umfang der Eigenkapitalzuführung (4,5 Milliarden Euro) werden im Haushalt 2025 bisher eingeplante Investitionszuschüsse an die Bahn reduziert und die sog. Bodensatz-GMA abgesenkt.
Darlehen
Die Bahn erhält ein Darlehen in Höhe von drei Milliarden Euro. Mit diesem Darlehen kann sie bisher am Markt begebene Anleihen ablösen. Das führt zu erheblichen Einsparungen bei den Finanzierungskosten, da die Bahn sich derzeit mit rund 100 Basispunkten über dem Zins für Bundesanleihen finanziert.
Der Bund finanziert sich deutlich günstiger als die Bahn. Die von der Bahn begebenen Anleihen haben grob vereinfacht derzeit durchschnittlich eine Laufzeit von 12 Jahren und eine Verzinsung von ca. drei Prozent p.a. Der Bund muss für sein Darlehen nicht die marktübliche Verzinsung zu Grunde legen. Nach Auffassung des Gutachters Prof. Hellermann wären möglicherweise sogar zinslose Darlehen – wie bei anderen Darlehen in der Vergangenheit –als finanzielle Transaktionen zu werten. Die durchschnittliche Rendite der ausstehenden Bundeswertpapiere und Kreditmarktmittel, also die durchschnittliche Rendite der ausstehenden Anleihen des Bundes, liegt bei knapp 1,5 Prozent. Es ist daher jetzt möglich und wirtschaftlich sinnvoll, die hoch verzinsten Anleihen am Markt durch günstigere Kredite aus dem Bundeshaushalt abzulösen. Damit wird die Bahn und auch die Gesellschafterin Bund entlastet.
Das Darlehen wird wie folgt ausgestaltet:
- Die Laufzeit des Darlehens beträgt 34 Jahre. Das entspricht der durchschnittlichen Dauer der Abschreibungen der Infrastrukturen der Bahn (die technische Nutzungsdauer von Infrastrukturanlagen beträgt bis zu 75 Jahre).
- Das Darlehen wird mit der durchschnittlichen Rendite der ausstehenden Anleihen des Bundes in Höhe von 1,5 Prozent verzinst.
- Das Darlehen ist wie die abzulösenden Markt-Anleihen der Bahn endfällig. Der Bund erhält den Darlehensbetrag am Ende der Laufzeit vollständig zurück. Die Zinsersparnis bei abgelösten Anleihen der Bahn am Markt trägt dazu bei, dass sie die notwendigen Erträge für die vorzunehmende zusätzliche Eigenkapitalerhöhung erwirtschaften kann.Im Haushaltsvermerk zu Kapitel 1202 Tit. 861 01 -742, der haushaltsrechtlichen Ermächtigung zu Darlehen für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes, wird entsprechend angepasst.
Das Darlehen wird vom Bund an die Bahn und ausschließlich zur Verwendung für Investitionen in der nicht im Wettbewerb stehenden Infrastruktur ausgereicht. Sie können so die Kosten für die Infrastruktur entlasten. So ist sichergestellt, dass die Transaktion beihilferechtlich unbedenklich ist.
Das Darlehen des Bundes an die Bahn ist eine finanzielle Transaktion im Sinne der Schuldenregel nach Art. 115 Abs. 2 S. 5 Grundgesetz, § 2 Abs. 1, S. 1 und § 3 Artikel 115-Gesetz.