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Bürgerumfrage: Wie ist das Leben in Ludwigsburg?

AktuellBürgerumfrage: Wie ist das Leben in Ludwigsburg?

Stadt und Evangelische Hochschule stellen Ergebnisse der Online-Befragung vor

Ludwigsburg.| Im Februar und März 2022 ist die erste Bürgerumfrage in Ludwigsburg für die gesamte Stadt durchgeführt worden. Leitfragen waren dabei: Wie ist die Zufriedenheit mit dem Leben in Ludwigsburg? Was sind gerade die Probleme und Herausforderungen? Wie zufrieden sind die Bürgerinnen und Bürger mit verschiedenen Bereichen des Lebens in der Stadt, und wie soll sich die Stadt zukünftig weiterentwickeln? Es ging darum, ein Meinungsbild einzuholen. Die gewonnenen Daten dienen der Beschreibung des Lebens vor Ort und der genaueren Untersuchung von Schwerpunktthemen, die für die Stadt Ludwigsburg und ihre Bürgerinnen und Bürger von Interesse sind.

In einem Bericht werden jetzt die Ergebnisse der Bürgerumfrage dargestellt. Darin bietet sich ein differenziertes Bild der Lebensbedingungen der befragten Bürgerinnen und Bürger in der Stadt, ihrer Einstellungen zu aktuellen Themen und ihren Bewertungen von kommunalen Handlungsfeldern. Neben der gesamtstädtischen Betrachtung liegen dabei auch stadtteilbezogene Auswertungen vor.

Wissenschaftliche Kooperation mit kommunaler Expertise

Die Ludwigsburger Bürgerumfrage ist ein Projekt der Stadt Ludwigsburg in Kooperation mit dem Institut für Angewandte Forschung der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Von der Hochschule sind der Leiter des Instituts Professor Dr. Peter Höfflin sowie die akademischen Mitarbeiterinnen Angelina Bartz und Lena Ebert für die Bürgerumfrage Ludwigsburg wissenschaftlich verantwortlich. Sie verfügen alle über Erfahrung im Bereich Stadtverwaltung und Kommunaler Umfrageforschung.

Die „Grundgesamtheit“ für die Befragung bildeten alle 76.881 Einwohnenden ab 16 Jahren mit Erstwohnsitz in Ludwigsburg zum Stichtag 31. Dezember 2021. In Anlehnung an das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg wurde die untere Altersgrenze bei 16 Jahren gezogen. Grundlage der Befragung ist eine 10.336 Personen umfassende Zufallsstichprobe aus dem Einwohnermelderegister. Die um die nicht zustellbaren Fälle bereinigte Stichprobe umfasst 10.112 Personen. Insgesamt sind die Antworten von 3.195 Personen in die Auswertung eingeflossen, die Rücklaufquote liegt damit bei rund 32 Prozent. Das ist für eine reine Online-Erhebung ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis. Es befindet sich in einem vergleichbaren Rahmen von Befragungsstudien mit repräsentativ gezogener Stichprobe, die im „Mixed Mode“, also teils schriftlich und teils online, erhoben wurden. Bei reinen Online-Erhebungen ist die Rücklaufquote meist deutlich geringer.

Große Bereitschaft zur Beteiligung an der Umfrage

Die gute Rücklaufquote spricht für eine hohe Motivation der Befragten, ihre Belange und Ansichten einzubringen und das Leben in ihrer Stadt mitzugestalten. Das zeigt sich auch in der Vielzahl und Ausführlichkeit der Antworten auf offen gestellte Fragen. Die Ergebnisse geben ein detailliertes Bild darüber ab, was die Befragten bewegt.

Teils finden sich dabei auch widersprüchliche Einstellungen zu abgefragten Themen und Bedürfnissen. Das liegt an unterschiedlichen Wahrnehmungen und Ausgangslagen. Deshalb müssen möglichst alle Bevölkerungsgruppen mit ihren unterschiedlichen Interessen und Belangen bei der Auswertung berücksichtigt werden.

Wichtigste Ergebnisse im Überblick

Drei von vier Befragten leben gerne sowohl in Ludwigsburg als auch in ihrer Wohngegend. Dabei gilt: Je älter, desto zufriedener sind die Befragten mit ihrer Stadt und ihrer Wohngegend. Dabei ist der Bezug zum Nahraum größer, das heißt, die Befragten identifizieren sich meist stärker mit ihrer näheren Umgebung als mit der Gesamtstadt. Insgesamt erreicht die Wohngegend in fast allen Stadtteilen ein höheres Zufriedenheitsniveau als die Stadt Ludwigsburg insgesamt.

Die Befragten bringen neben der allgemeinen Zufriedenheit mit dem Leben in der Stadt auch konkret ihre Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen zum Ausdruck. Am besten bewerten sie die Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement und die kulturellen Angebote in Ludwigsburg, letztere scheinen aber eher ein älteres Publikum anzusprechen. Die jüngeren Befragten bewerten das kulturelle Angebot sowie das Angebot an Restaurants, Kneipen und Cafés unterdurchschnittlich und wünschen sich mehr Freizeitgestaltungsmöglichkeiten.

Eine bemerkenswerte Differenz zeigt sich auch bei der Bewertung von ÖPNV, Radwegen und Grünanlagen: diese schneiden bei Familien deutlich schlechter ab als bei Befragten ohne Kinder.

Künftige Herausforderungen für Ludwigsburg

Welches die wichtigsten Themen der Stadtentwicklung sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen spielt eine Rolle, welche mediale Aufmerksamkeit sie aktuell erfahren. Bei Themen, die aktuell in Ludwigsburg und in anderen Kommunen viel diskutiert werden, steigt in der Regel auch die subjektive Wichtigkeit unter den Rezipienten. Dazu zählen die Themen Bildung und Betreuung für Kinder, Wohnraum und Klimaschutz. Diese Themen gehören zu den drängenden Herausforderungen für die Stadt, und sie haben für alle Befragten auch die höchste Bedeutung für die zukünftige Entwicklung von Ludwigburg.

Insgesamt schlagen sich die Themen, die den Befragten am wichtigsten sind, auch in haushaltspolitischen Präferenzen nieder. In den Bereichen Wohnungsbau, Kindergärten und Kindertageseinrichtungen, Energiewende und Klimaschutz sprechen sich die Befragten klar für Zukunftsinvestitionen aus. Bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen erwünschten Mehrausgaben und Einsparungen wird deutlich, dass sich zwei Bereiche von den übrigen Themen abheben: Kindergärten und Kindertageseinrichtungen sowie der Wohnungsbau. Hier sind sich die Befragten weitgehend einig, dass die Stadt dafür künftig mehr Geld ausgeben sollte. Bei den anderen Bereichen differenzieren sich die Prioritäten je nach Lebenslage.

Starkes Interesse am Geschehen in der Stadt

Etwa drei Viertel der Befragten sind am städtischen Geschehen, also an der Kommunalpolitik und der Tätigkeit der Stadtverwaltung, interessiert. Hinsichtlich des aktuellen Geschehens in der Stadt fühlen sich 54 Prozent der Befragten von der Stadt Ludwigsburg ausreichend informiert, nur zwei Prozent interessieren sich dafür nicht. Die häufigsten Informationskanäle sind Tageszeitungen und die städtische Webseite.

Die Möglichkeit des persönlichen Kontakts mit Gemeinderatsmitgliedern oder den Besuch von Gemeinderatssitzungen nutzen die wenigsten Befragten. Dieser Weg kommt noch am ehesten für Senioren in Frage, ist jedoch auch unter ihnen selten. Eine Bewertung der Stadtverwaltung und des Gemeinderats wollen oder können viele Befragte nicht vornehmen. Von denjenigen, die über ihren Eindruck von der Stadtverwaltung bei dieser Frage Auskunft geben, ist ein Drittel unschlüssig. Fast die Hälfte äußert sich jedoch zufrieden mit der Bürgerfreundlichkeit der Stadtverwaltung. Am zufriedensten sind hierbei wiederum die ältesten Befragten, während sich in der jüngsten Altersgruppe mehr Befragte unzufrieden als zufrieden zeigen.

Stadt hat Vorbildfunktion beim Klimaschutz

Das Bewusstsein für den Klimawandel ist in Ludwigsburg hoch. Eine überwältigende Mehrheit der Befragten nimmt den Klimawandel als großes Problem wahr. Dabei sind es vor allem die jüngeren Befragten, die den Klimawandel besonders wahrnehmen. Die stärksten Anzeichen sind nach eigenen Angaben der Befragten Hitzeorte in der Stadt, Starkregen und die schlechte Luftqualität.

Die hohe Bedeutung der Themen Klimawandel und Klimaschutz für die Entwicklung der Stadt führt dazu, dass sich fast zwei Drittel noch ein stärkeres Engagement der Stadt wünschen und bisherige Maßnahmen für nicht ausreichend halten. Auch wünscht sich die Mehrheit der Befragten mehr Informationen sowohl zu den Aktivitäten der Stadt als auch zu den eigenen Möglichkeiten, um selbst etwas zum Klimaschutz beizutragen. Für viele nimmt die Stadt hier eine Vorbildfunktion ein.

Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation

Die meisten Befragten sind insgesamt mit ihrer Wohnung zufrieden. Dazu trägt in erster Linie die Ausstattung der Wohnung bei, dicht gefolgt vom Zustand, der Größe und der Aufteilung der Zimmer. Das stärkste Manko sind die Wohnkosten, wobei diese von älteren Befragten und von Personen, die schon länger in Ludwigsburg wohnen, moderater bewertet werden. Ungefähr ein Drittel der Befragten hat vor, innerhalb der nächsten zwei Jahre unter Umständen aus der aktuellen Wohnung auszuziehen. Die häufigsten Gründe sind wohnungsbezogen, etwa weil die aktuelle Wohnung zu klein, zu schlecht ausgestattet oder zu teuer ist. Rund ein Drittel der Umzugswilligen möchte Ludwigsburg allerdings nicht verlassen, sondern sich innerhalb des Stadtgebietes oder des Stadtteils wohnlich verbessern. Letzteres gilt vor allem für Familien mit Kindern, die durch Kindergarten oder Schule stärker an den Stadtteil gebunden sind.

Maßnahmen zur Wohnraumentwicklung

Angesichts der steigenden Nachfrage nach Wohnraum in Ludwigsburg ist die Wohnbauentwicklung eine Herausforderung für die Stadt, zumal die verschiedenen Maßnahmen von den Befragten sehr unterschiedlich bewertet werden. Besonders unbeliebt ist die „Nachverdichtung“. Mehr als die Hälfte der Befragten will nicht, dass bestehende Wohngebiete in Zukunft dichter bebaut werden.

Der Bau von mehrgeschossigen Häusern und die Aufstockung der Gebäude ist für viele dagegen eine akzeptable Innenentwicklungsmaßnahme. Insgesamt eher umstritten ist, ob wieder mehr Wohngebiete im Randbereich ausgewiesen werden sollen. Interessant ist dabei auch, dass sich die Einstellung zu Innenentwicklungsmaßnahmen nach dem Wohnort im Stadtgebiet unterscheidet, während die zur Außenentwicklung mit der persönlichen Lebenslage verknüpft ist.

Sozialer Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft

Das soziale Klima in Ludwigsburg ist insgesamt gut, die meisten Befragten trauen der Nachbarschaft und helfen sich gegenseitig. Die gesellschaftliche Vielfalt in Ludwigsburg ist ein Gewinn – dieser Meinung sind zwei von drei Befragten in Ludwigsburg. Doch nur einer von drei Befragten glaubt, dass Menschen aus dem Ausland, die in Ludwigsburg leben, gut integriert sind. Dennoch wollen viele, dass die Stadt sich für die Akzeptanz verschiedener Bevölkerungsgruppen stärker einsetzt.

Dabei werden besonders häufig Menschen mit Behinderung und Menschen mit Fluchterfahrung und ausländischer Herkunft genannt. Ein Viertel gibt an, in Ludwigsburg schon einmal eine Form von Benachteiligung einer Person erlebt zu haben. Ein Fünftel hat Diskriminierung schon einmal im persönlichen Umfeld erlebt und mehr als ein Zehntel selbst eine Diskriminierungserfahrung in Ludwigsburg gemacht.

Ehrenamtliches Engagement

Fast ein Drittel der Befragten hat sich in den vergangenen drei Jahren ehrenamtlich engagiert. Das größte Engagement liegt im Bereich Sport und Bewegung, gefolgt von Schule oder Kindergarten und Kirche oder Religion. Drei Viertel der Befragten sind ohne ehrenamtliches Engagement in diesen und weiteren Bereichen aktiv. Besonders häufig engagieren sich die jüngsten Befragten zwischen 16 und 25 Jahren. Diese Befragtengruppe ist deutlich häufiger als alle anderen Gruppen ehrenamtlich tätig.

Ein Zehntel der Befragten kam schon einmal mit Bürgerbeteiligungsprozessen am Wohnort in Berührung. Somit haben sich rund 90 Prozent der Befragten, die über diese repräsentative Bürgerumfrage erreicht wurden, zuvor noch nicht bei der Entwicklung  ihrer Stadt eingebracht.

Ausblick zur Verwendung der Umfrageergebnisse

Die Auswertung der ersten Ludwigsburger Bürgerumfrage wird nun auf der Webseite www.meinLB.de/umfrage veröffentlicht, der Gemeinderat ist bereits darüber informiert worden, und auch im Newsletter „LB kompakt“ der Stadt sollen sich alle Interessierten selbst ein Bild von den Ergebnissen machen können.

Für die Fachbereiche der Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik ergeben sich interessante Anknüpfungspunkte und ergänzende Auswertungsmöglichkeiten, um geplante Maßnahmen zu optimieren. Ziel ist außerdem, die Befragung nach zwei bis drei Jahren im Kern zu wiederholen. Dadurch soll ermittelt werden, ob und wie sich einzelne Themen in der Wahrnehmung und Zufriedenheit der Bevölkerung entwickeln.


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