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Beth Shalom Remseck: Synagoge in Hochberg steht vor Besitzerwechsel

LokalesRemseckBeth Shalom Remseck: Synagoge in Hochberg steht vor Besitzerwechsel

Remseck.| Im 18.-20. Jahrhundert gab es eine starke jüdische Gemeinde im heutigen Remsecker Stadtteil Hochberg, deren geistliches Zentrum seit 1828 eine große klassizistische Synagoge in der Hauptstraße war, die mit der Auflösung der jüdischen Gemeinde 1914 von der evangelisch-methodistischen Kirche übernommen und als Gemeindesaal genutzt wurde. Als Kirche überlebte die baulich fast unverändert gelassene ehemalige Synagoge so die Reichspogromnacht am 9. November 1938. Nun steht ein erneuter Besitzerwechsel an: Am 3. Mai wurde der Verein „Beth Shalom – Haus des Friedens: Verein für Erinnerungs- und Friedensarbeit in Remseck“ gegründet, der das Gebäude erwerben wird.

„Den Beschluss, das Gebäude zu verkaufen, um unseren Gebäudebestand zu reduzieren, haben wir schon 2014 gefällt“, berichtet Pastor Dieter Jäger vom evangelisch-methodistischen Gemeindebezirk Waiblingen-Hegnach und Remseck. Jedoch sei es der Gemeinde wichtig gewesen, eine würdige und der Tradition des Hauses entsprechende Nachnutzung sicher zu stellen. Durch die Aktivitäten des Hochberger Historikers Kai Buschmann, der in den letzten Jahren die jüdischen Spuren in Remseck verstärkt der Öffentlichkeit präsentiert habe, sei die Idee zur Gründung eines Vereins entstanden. Man habe sich in einem langen Prozess über die Ziele und die Struktur des Vereins sowie den Kaufpreis geeinigt. Es sei auch gelungen, Spender zu gewinnen, die den Kauf des Gebäudes durch den Verein ermöglichen. Über den Kaufpreis und die Namen der Spender aus der Remsecker Bürgerschaft sei Vertraulichkeit vereinbart worden.

„Wir haben bewusst den Hebraismus „Beth Shalom – Haus des Friedens“ für den Vereinsnamen gewählt, um die Aufgaben der Erinnerung an die jüdische Gemeinde, aber auch den Gegenwartsauftrag der Verständigung und Toleranzförderung zum Ausdruck zu bringen“, fasst Kai Buschmann zusammen. 76 Jahre nach Kriegsende sind die Zeitzeugen des Holocaust zumeist verstorben. Es sei nun an der Zeit die Erinnerung an jüdisches Leben vor und im Nationalsozialismus aktiv durch Vereinsarbeit wach zu halten. Auch habe die Gründer die Worte des französischen Schriftstellers Olivier Guez beeindruckt: „Immer, nach zwei oder drei Generationen, wenn das Gedächtnis verkümmert und die letzten Zeugen der vorherigen Massaker sterben, erlöscht die Vernunft, und die Menschen säen wieder das Böse.“ 76 Jahre nach Kriegsende rufe sowohl die internationale Lage als auch manche gesellschaftliche Diskussion nach mehr Verständigung, Friedensarbeit und Toleranz. Beth Shalom habe daher in der Satzung als Vereinszweck festgeschrieben: „Zweck des Vereins ist die Förderung der Volksbildung, der Heimatpflege und der Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens. Der Verein dient der Erinnerungsarbeit zur deutschen Geschichte, insbesondere bezieht sich diese auf die Geschichte des Judentums in Deutschland und der jüdischen Gemeinden in Remseck-Hochberg und Remseck-Aldingen im 18.-20. Jahrhundert sowie der darauf aufbauenden Geschichte der örtlichen christlichen Kirche im 20. und 21. Jahrhundert. Mit dieser Erinnerungsarbeit wird Dialogfähigkeit, Toleranz, Völkerverständigung und der Abbau von Vorurteilen gegenüber Minderheiten gefördert.“

Am 3. Mai wurde der Verein gegründet, die Satzung verabschiedet und ein Vorstand gewählt: Zum Vorsitzenden von Beth Shalom wurde Kai Buschmann, zu seinem Stellvertreter Pastor Dieter Jäger gewählt. Der Remsecker Oberbürgermeister Dirk Schönberger als Beisitzer, Architekt Jürgen Fischer aus Bittenfeld als Protokollant und Dr. Birgit Buschmann als Schatzmeisterin komplettieren den Vorstand. Inzwischen ist der Verein ins Vereinsregister eingetragen und das Finanzamt hat die vorläufige Gemeinnützigkeit zuerkannt.

Eine Besonderheit des Vereins ist, dass die Arbeit des Vorstandes begleitet wird durch einen fünfzehnköpfigen Beirat, der aus je fünf Vertretern des Gemeinderates, der Religionsgemeinschaften und der Schulen in Remseck besteht. Aus dem Gemeinderat haben sich als Beiräte schon bereitgefunden: Peter Grossmann (Freie Wähler), Stefan Lempp (Grüne), Petra Mugele (CDU), Erika Schellmann (FDP) und Kurt Goldmann (SPD). Die evangelische Kirchengemeinde Remseck ist dem Verein schon beigetreten und wird im Beirat durch den Neckargröninger Pfarrer Achim Dürr vertreten. Auch die Melike Cevik von der Stabsstelle Integration in der Stadtverwaltung Remseck wird im Beirat mitarbeiten. Weitere Mitgliedschaften werden folgen.

Die öffentliche Präsentation des Vereins soll erfolgen, sobald der Immobilienübergang abgewickelt ist und die Pandemieentwicklung es zulässt. Hierzu hat sich Beth Shalom das Projekt „Torah-Nische 3.0“ mit dem Marbacher Künstler Frank Lukas ausgedacht: In die ehemalige Torah-Nische der Synagoge wurde nach 1914 ein Kruzifixgemälde eingefügt, um die Folgenutzung als Kirche zu unterstreichen. Den erneuten Übergang des Gebäudes soll nun ein Kunstwerk verkörpern, das die Ziele von Beth Shalom zum Ausdruck bringt. Frank Lukas gestaltet es zurzeit. Das Werk kann dann in die Torah-Nische gehängt werden, ohne dass das Kruzifix dort seinen Platz verliert: Die Kulturregion Stuttgart unterstützt dieses Projekt im Rahmen ihres Crowdfunding-Programms „Kulturimpuls Region Stuttgart“. Unterstützer können das Vorhaben mit einer Spende unter https://www.startnext.com/pages/kulturimpuls-region-stuttgart und dem Titel „Torah Nische 3.0. Ein visionäres Bild entsteht: Religiöser Präsenzraum wird pluraler Erinnerungs- und Kulturraum“ fördern.


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